Mission
Begriff muss neu gedeutet werden
Wuppertal (epd). Die Wuppertaler Theologin Claudia Währisch-Oblau fordert ein neues, positives Verständnis von Mission und kritisiert eine elitäre Haltung europäischer Kirchen. Mission werde überall mit Kolonialismus gleichgesetzt, der für Ausbeutung und Gewalt stehe, sagte die promovierte evangelische Theologin. Das sei zwar nicht falsch, aber sie habe «das Gefühl, jetzt wird das Kind mit dem Bade ausgeschüttet, wenn es heißt, beides war schlecht und wir sollten gar nicht mehr missionieren». Mission werde als «etwas Übergriffiges» empfunden.
«Wenn du Erfahrungen mit Gott machst und der Glaube dich begeistert, dann willst du davon erzählen», sagte die leitende Mitarbeiterin der Vereinten Evangelischen Mission (VEM), eines Zusammenschlusses von 38 evangelischen Kirchen in Afrika, Asien und Deutschland sowie den v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel in Bielefeld. «Das heißt nicht, alle anderen Religionen sind schlecht und wir müssen unseren christlichen Einflussbereich ausweiten, sondern wir leben als Minderheit nach anderen Maßstäben als unsere Umwelt.»
Neu interpretiert werden muss nach Ansicht der 65-jährigen Expertin auch der sogenannte Missionsbefehl aus dem Matthäusevangelium (Kapitel 28, Verse 16-20). Dort stehe bei korrekter Übersetzung des Griechischen nicht, Menschen sollten «im Namen» des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes getauft werden, was etwas Autoritatives habe. Sondern im Text stehe, Menschen sollten «in den Namen» Gottes «eingetaucht» werden. «Das bedeutet: Bringt die Menschen in den Wirkungsbereich Gottes, nehmt sie mit hinein in eure Gemeinschaft - taucht sie ein», sagte Währisch-Oblau.
Mission dürfe zudem keine «Einbahnstraße von Nord nach Süd» sein, betonte die Theologin. Dass auch die deutsche Kirche «Empfängerin von Mission» sein könne, sei hierzulande jedoch ein völlig fremder Gedanke, es gebe nur wenig Lernbereitschaft: «Die Koreanerinnen dürfen für das Gemeindefest kochen, der afrikanische Gospelchor darf singen, aber jemand mit Migrationshintergrund, der oder die predigt, das ist selten.»
Währisch-Oblau wies darauf hin, dass Menschen aus dem östlichen Mittelmeerraum - jüdische Palästinenser - die ersten Christen gewesen seien. «Die kirchlichen Jesusbilder, die mir heute in Afrika und Asien begegnen, zeigen einen blonden, blauäugigen, hellhäutigen Mann», sagte sie. «Aber es ist ziemlich sicher, dass Jesus so nicht ausgesehen hat.» Dennoch sei er im Laufe der Geschichte «weiß wie die Missionare selbst» geworden. «Wenn wir heute in Veranstaltungen sagen 'Jesus war doch gar nicht weiß', gibt es einen Shitstorm, aber es ist einfach eine Tatsache.»
Buchhinweis: Claudia Währisch-Oblau (Hrsg.): Mission - geht s noch?
Warum wir postkoloniale Perspektiven brauchen. Neukirchener Verlag 2024, 192 Seiten, 20 Euro
Autor:Online-Redaktion |
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