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Wochenlied-Serie – Folge 6
Das tägliche Brot

Foto: eva-leipzig.de

Das Evangelische Gesangbuch feiert sein 500-jähriges Jubiläum. In einer Serie stellen Kirchenmusiker aus Mitteldeutschland einmal im Monat ein Wochenlied vor. Diese Folge dreht sich um das Lied "Brich dem Hungrigen dein Brot" (EG 418).

Burkhard Rüger

Wenn Pfarrer und Kirchenmusiker in einer Gemeinde gut zusammenarbeiten, ist das ein großer Schatz, der nach außen wirkt. Paul Gerhardt als Dichter mit seinen beiden Kantoren Johann Crüger und Johann Georg Ebeling als Komponisten, deren Lieder heute noch so wichtig für unsere Kirche sind, sind dafür ein prominentes Beispiel.

Auch eines der für den 7. Sonntag nach Trinitatis vorgeschlagenen Wochenlieder ist aus der Zusammenarbeit von Pfarrer und Kantor hervorgegangen. Martin Jentzsch und Gerhard Häußler, Pfarrer und Kantor an der Erfurter Reglerkirche, schrieben dieses Lied Anfang der 1950er-Jahre in einer Zeit, in der das tägliche Brot keine Selbstverständlichkeit war.

Beide Schöpfer des Liedes hatten unter Nationalsozialismus und Krieg ganz persönlich gelitten: Martin Jentzsch war eine führende Persönlichkeit der Bekennenden Kirche in der Kirchenprovinz Sachsen und wegen seiner Haltung Repressalien ausgesetzt. Gerhard Häußler verlor im Krieg ein Bein.

So steht der biblische Solidaritätsgedanke aus Jesaja 58, Vers 8 und Galater 6, Vers 3, der die erste Strophe des Liedes bildet, auch der Lebenswirklichkeit der Nachkriegsjahre nahe, in der Hunger, Flucht und Vertreibung den Menschen noch sehr gegenwärtig waren. Wir sind aufgefordert, den Blick nicht nur auf uns selbst zu richten, sondern Menschen um uns wahrzunehmen und mit unseren Möglichkeiten für andere da zu sein, denn wir glauben als Christen, dass wir unser Gut auch nur empfangen haben. In der zweiten Strophe wird deutlich, dass wir nicht nur mit materiellen Dingen unseren Nächsten dienen können, sondern dass Zuwendung genauso wichtig ist.

Die dritte Strophe als Mitte des Liedes nimmt Jesus in den Blick, der im Johannesevangelium von sich sagt: „Ich bin das Brot des Lebens“ und damit unseren Lebenshunger stillen möchte. In den letzten beiden Strophen wird das Lied zum persönlichen Gebet. Zuerst steht der Dank an Christus für sein Kommen in die Welt (Strophe 4), und dann folgt in Strophe 5 die Bitte, allen Menschen vom Brot des Lebens zu geben und uns letztlich alle im himmlischen Gastmahl zu vereinen.

Die schlichte, in herber Schönheit leuchtende Melodie von Gerhard Häußler ordnet sich ganz dem unregelmäßigen Versmaß der Dichtung unter. Kurz vor Schluss gibt es in der sonst syllabisch komponierten Melodie eine Ligatur, auf die in der letzten Strophe das Wort „alle“ fällt. So verleiht die Melodie unserer Hoffnung Ausdruck, dass wir einst alle als Gottes Hausgenossen an seinem Tisch das Brot brechen.


Der Autor ist Kantor an der Christuskirche Dresden-Strehlen.

Das Buch zur Serie ist hier bestellbar.

Nächste Folge: 

Gesungenes Gotteslob
Autor:

Online-Redaktion

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