Predigttext
Drohkulisse
Als aber Gott ihr Tun sah, wie sie umkehrten von ihrem bösen Wege, reute ihn das Übel, das er ihnen ange-kündigt hatte, und tat’s nicht.Jona 3, Vers 10
Ich zähle bis drei! Wenn du dann nicht kommst, fahre ich ohne dich!“ Wie oft höre ich solche Sätze in der Stadt.
Von Martin Olejnicki
Und oft muss ich schmunzeln, denn vermutlich ist keines der teilweise heftig verzweifelten Elternteile, die solche Sätze sagen, wirklich ohne das Kind losgefahren. Aber die Drohung, sie soll doch Wirkung zeigen, dafür muss sie möglichst echt wirken. Schwierig wird’s dann – und da spreche ich aus eigener Erfahrung – wenn das Kind einfach „Dann fahr doch! Ich bleibe hier!“ antwortet. Da zerplatzt die mühsam aufgebaute Drohkulisse.
Und am Abend ärgere ich mich dann, dass ich mich überhaupt dazu habe hinreißen lassen, mit so einem Quatsch zu drohen. Mit etwas, das mir so fern liegt wie nur irgendwas. Nie würde ich mein Kind irgendwo zurücklassen, nur damit es möglicherweise irgendwas dabei lernt! Und doch falle ich immer wieder in solche Muster zurück. Vermutlich, weil der Zusammenhang von „Handle so, wie ich will, und dann passiert nichts Schlimmes“ leicht zu verstehen ist. Und so können wir das auch in den Königebüchern beobachten: Israel handelt schlecht, und es geht ihnen schlecht. In anderen Zusammenhängen werden auch Propheten als Warner eingesetzt, um den Menschen vorher die Konsequenzen klar zu machen. So auch Jona. Er soll den Bewohnerinnen und Bewohnern von Ninive klar machen, dass es so, wie sie leben, nicht geht.
Nun hatte dieser Jona – die Geschichte ist wohl hinlänglich bekannt – zunächst auch keine Ambitionen, den göttlichen Willen zu erfüllen. Aber im dritten Kapitel geht er dann doch in die Stadt Ninive und verkündet das drohende Unheil. So weit, so dem alttestamentlichen Schema folgend, bekannt. Die eigentliche Überraschung ist die unerwartete Hundertachtziggradwende der Menschen in Ninive und ihres Herrschers. Dem Text folgend sprangen sie quasi sofort in Sack und Asche und bereuten ihr Tun. Und auch Gott selbst wird dadurch das Herz weich, und er verschont sie. In geradezu göttlicher Inkonsequenz nimmt er die angedrohte Strafe zurück. Und vielleicht ist Gott in dieser Geschichte den jungen Eltern dieser Welt ganz nahe. Denn am Ende entscheidend sind nicht die Strafen und Konsequenzen, sondern die Beziehung und die Kommunikation.
Der Autor ist Pfarrer in Köthen.
Autor:Online-Redaktion |
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