Wort zur Woche
Ein Loblied auf die kleine Glut
Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen.
Jesaja 42, Vers 3a
Moses begegnet Gott im brennenden Dornbusch. In der Wüste begegnet das Volk Israel seinem Gott in einer Feuersäule. Und als sie weiterziehen, ist es auch ihr Gott, der im Feuer den Weg weist, nachts. Gott wohnt im Feuer, ist Wärme und Licht. Was das Feuer übriglässt, ist die Asche. Das verwüstete Jerusalem in Trümmern und Asche. Trauernde mit Asche auf dem Haupt.
Wenn immer die Bibel von Asche redet, dann ist Gott da. Schwer zu spüren nur. Feuer und Asche. Zwei mächtige Symbole. Aber heute will ich dem glimmenden Docht ein Loblied singen! Nicht mehr Feuer, aber noch keine Asche. Irgendwas dazwischen. Die Gefahr, dass der Docht erlischt, ist da, aber gleichzeitig auch die Möglichkeit, von Neuem zu entflammen.
Manchmal ist der Glaube, ist die Kirche auch so. Wir sehen das Feuer: gelungene Kirchentage. Feste Gruppen und Kreise, die die Zeiten überdauern. Feuer des Geistes, das in unsere Strukturen dringt, alles lebendig macht. Und gleichzeitig sehen wir die Asche: Kirchenaustritte, verwaiste Taufsteine, Gruppen und Kreise, die immer kleiner werden. Zwischen Feuer und Asche liegt manchmal nicht viel.
Der glimmende Docht ist bei all dem kaum wahrnehmbar. Aber wenn eine der anderen von Jesus erzählt und diese Geschichte irgendwo tief im Herzen abgespeichert wird – dann ist ein glimmender Docht angelegt. Oder wenn ein Kind Gemeinschaft erlebt mit Freundlichkeit und einem kleinen Gebet, wenn sich das in einer Erinnerung festsetzt – dann wird der Docht ein Leben lang glimmen. Vielleicht auch irgendwann entflammen. Strukturen und Kreise entstehen, flauen ab. Aber der Glaube wird nicht ausgelöscht, wenn er weitergegeben wird. Das geschieht einfach so, unkontrollierbar, unbemerkt.
Den starken Bildern vom Gott im Feuer und dem Gott der Aschehäupter müssen wir das Bild des glimmenden Dochtes hinzufügen. Gott legt seine Botschaft – sich selbst – wie eine schwache Glut in die Herzen. Bereit zum Weitergeben.
Pfarrer Torben Linke, Bad Liebenwerda
Autor:Online-Redaktion |
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