Predigttext
Er ist unterwegs
Da ist die Stimme meines Freundes! Siehe, er kommt und hüpft über die Berge und springt über die Hügel. Mein Geliebter ist gleich einer Gazelle oder einem jungen Hirsch. Siehe da, schon steht er hinter der Wand und schaut durchs Fenster, blickt durch die Gitter.Hoheslied 2, Verse 8–9
Verliebt ist sie, närrisch vor Liebe, Sulamit. Verliebt ist er, närrisch vor Liebe, Salomo.
Von Susanne-Maria Breustedt
Unvernünftig, voller Leichtigkeit, voller Sehnsucht nach Vollständigkeit und Ganzsein, nach der oder nach dem anderen. Alle Fasern des Körpers, des Herzens, der Seele sind in Erwartung. Er kommt. Sie kommt. Welche Freude! Dieses Glücksgefühl sprengt alle Grenzen: alles scheint möglich. Ganzheit, Vollständigkeit versteckt sich in ihren Namen.
Die drei hebräischen Buchstaben š-l-m – Schalom. Frieden ist nur dort, wo Menschen sich ganz, vollständig fühlen. Sulamit und Salomo sind verbunden. Ein erotisches Liebeslied damals. Jetzt angestimmt im Advent. Die Begeisterung reißt mit. Die Liebenden bewegen sich aufeinander zu. Sie suchen sich. Halten nacheinander Ausschau. Diese aufregende Spannung. Warten und wissen und ahnen, er wird kommen.
Mein Geliebter antwortet und spricht zu mir: "Steh auf, meine Freundin, meine Schöne, und komm her. Denn siehe, der Winter ist vergangen, der Regen ist vorbei und dahin! Die Blumen sind hervorgekommen im Lande, der Lenz ist herbeigekommen und die Turteltaube lässt sich hören in unserem Lande. … Steh auf, meine Freundin, und komm, meine Schöne, komm her." Ja. Alle Gedanken besetzt, alles in Bewegung. Solche Vorfreude auf den, der kommt. Närrisch wie die Liebenden auf ein sich erfüllendes Glück warten, das niemand für sich allein haben kann.
Steh auf, komm, den Herrn des Lebens zu erwarten! Er ist unterwegs. Zu dir. Zu mir. In diese kalte winterliche Welt. Er ist ganz nah! Der Feigenbaum lässt Früchte reifen, und die Weinstöcke blühen und duften. Steh auf, meine Freundin, und komm, meine Schöne, komm her! Komm und sieh: Alles ist verwandelt. Rosinen, Mandelkern, Feigen und Datteln, das Leben in seiner Fülle ist da. Ein Ros entspringt, mitten im kalten Winter. Weil er kommt. Voller Liebe. Die Welt zu retten. Frieden zu bringen. Schalom. Lasst uns warten wie die Verliebten, voller Vorfreude und ganz sicher: Er kommt.
Die Autorin ist Pfarrerin in Creuzburg.
Autor:Online-Redaktion |
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