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Predigttext
Gemeinschaft verbindet

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Ich hasse und verachte eure Feste und mag eure Versammlungen nicht riechen.Amos 5, Vers 21

Grit runzelt die Stirn. „Wir sind das Volk!“, ruft die Menge auf der anderen Seite. Als Studentin war sie selbst in einer Gruppe mitgelaufen, hatte eine Kerze in der Hand gehalten und gemeinsam mit den anderen skandiert: "Wir sind das Volk!"

Von Henrike Kant

Sie erinnert sich an das Gefühl, Teil von etwas Großem zu sein. Verbunden mit den Menschen links und rechts von sich für das Gute einzustehen, für die Freiheit. Sie erinnert sich an die Kraft dieser Gemeinschaft und dass sie meinten, miteinander alles schaffen zu können. Ihre gemeinsame Quelle lag tiefer, überstieg den Einzelnen. Das ist über 30 Jahre her. Viele ihrer Hoffnungen haben sich zerschlagen. Vieles ist verblasst. Aber heute kann sie dieses Gefühl wieder spüren. Für die richtige Sache auf die Straße zu gehen. Verbunden im Ringen um Würde und Mitmenschlichkeit.

Das Gegenteil von dem, was sie dort auf der anderen Seite der Straße sieht: Kaum zu fassen, dass sie sich ausgerechnet diesen Ruf zu eigen machen. Menschen, die auf andere herabsehen wegen ihrer Herkunft, ihrer Hautfarbe. Menschen, die andere entwürdigen und demütigen. Grit kann nicht verstehen, wie eine Gruppe sich verbunden fühlen kann in der gemeinsamen Verachtung, dass gemeinsamer Hass Grund genug zur Gemeinschaft ist.

Auch dem Propheten Amos ist das fremd. Er erlebt vor etwa 2700 Jahren, wie die Gesellschaft zerfällt. Wie die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden. Wie die einen die anderen verhöhnen, verachten, vergessen und sich dann feiern in ihrer Selbstgerechtigkeit. Sie feiern, aber ihr Gotteslob ist hohl und falsch, weil ihr Handeln in der Welt etwas anderes zeigt. Sie nennen es Feste und Versammlungen, aber sie halten die Türen hinter sich fest geschlossen.

Solch eine Versammlung fand auch Ende November nahe Potsdam statt. Da wurden Pläne geschmiedet, die Gesellschaft auseinanderzureißen. Doch seit das vor einem Monat an die Öffentlichkeit gedrungen ist, passiert das Gegenteil: Menschen schrecken auf. Sie setzen sich in Bewegung, um zu zeigen: Wir denken anders. Wir setzen auf offene Türen und eine Gemeinschaft, die bunt ist. Wir fordern Mitmenschlichkeit, Recht und Gerechtigkeit. Nur dann hat unser Miteinander ein Fundament. Wir schöpfen aus einer tieferen Quelle. Und spüren eine Kraft, die uns verbindet und trägt.

Henrike Kant, Pfarrerin in Biederitz | Foto: Nico Straube
Autor:

Online-Redaktion

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