Predigttext
Heiter bis wolkig
Als er aber von den Pharisäern gefragt wurde: Wann kommt das Reich Gottes? Lukas 17, Vers 20
Wo bitte geht’s zum Himmel? Immer den Wolken nach!
Von Ann-Sophie Wetzer
Bjorn Stevens, Direktor am Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg, simuliert Wolken in Klimamodellen. In einem Interview in der „ZEIT“ kritisiert er den „Daueralarm“, den manche seiner Kollegen auslösten, wenn sie nach Ausmaß und Auswirkungen der Erd-erwärmung befragt werden. So beruhe etwa ein Worst-Case-Szenario eines anderen Instituts „auf einer groben Vereinfachung der Wolken, die mit der Wirklichkeit nichts zu tun hat“, sagt Stevens. Echte Wolken seien nicht wie die Wolken in Kinderbüchern „kompakte, weiße Objekte“.
Wer einmal einen Berggipfel bestiegen hat, weiß: Eine Wolke ist nichts klar Konturiertes, sondern einfach mal mehr und mal weniger Nebel. Weil sie aber kompakt leichter zu simulieren sind, nähmen Forscher häufig Kinderbuchwolken für ihre Studien an, kämen dann zu verzerrten Ergebnissen. Die globale Erwärmung sei „ein Riesenproblem“, sagt Stevens. Die Welt werde sich durch sie verändern. "Aber wie, wo und wann, ist noch alles andere als sicher.“ Und dann sagt er noch einen Satz: „Wenn die Menschen nicht lernen, selbst zu denken, sind wir sowieso verloren.“
Ich bewundere diese Zurückhaltung. Wäre Daueralarm angesichts des Ernstes der Lage nicht vertretbar? Wenn alles so schwammig bleibt, wie soll sich dann etwas verändern? Wann ist es soweit? Wann kommt das Reich Gottes?, wird Jesus gefragt. Seine Antwort: Es ist mitten unter euch oder innerhalb von euch. Oder sinngemäß: in euren Händen – alles mögliche Übersetzungen. Das Gegenteil von eindeutig. Das Eindeutige ist dem Tag des Menschensohnes vorbehalten. Bis dahin ist die Vieldeutigkeit Programm. Denn Deutungsmöglichkeiten sind Lebensmöglichkeiten. Sie bringen ins Gespräch, stiften Beziehung, machen Mühe, führen zu Konflikten.
Wo bitte geht’s zum Himmel? Das Reich Gottes ist offenbar nichts klar Konturiertes. Vielleicht stehst du, während du nach oben schaust und Wolken suchst, schon mittendrin in herbstlichen Nebelschwaden, die Veränderung ankündigen. Wenn wir nicht immer wieder lernen, zu glauben, zu hoffen und zu lieben, sind wir sowieso verloren.
Die Autorin ist Pfarrerin im Kirchenkreis Torgau-Delitzsch.
Autor:Online-Redaktion |
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