Predigttext
Herrlichkeit Gottes
Und Mose sprach: Lass mich deine Herrlichkeit sehen!2. Mose 33, Vers 18
Was für eine Bitte. Gewaltig und achtsam. Fordernd und erwartungsfroh. „Lass mich deine Herrlichkeit sehen!“ Mit den Herrlichkeiten ist das so eine Sache.
Von Johannes Haak
Viel Extravaganz ist da zu spüren. Melodramatik und Muskelspiel. Auf den ersten Blick. Die drängende Bitte Moses hat tiefere Gründe. Es sind Abgründe. Zuvor ein steiler Weg. Mühsamer Aufstieg auf den Berg Sinai. Es folgt Begegnung und Weisung. Das erfährt Mose. Und dann zurück. Mit den Tafeln. Ein Bund ist geschlossen. Endlich. Heiliger Bund ewiger Zeiten. Was heißt schon ewig? Ewig bis zum Bergesrand. So die Erfahrung Moses. Das Volk am Rand des Berges ist andere Wege gegangen. Eigene – sinnentleerte. Sichtbar entsetzt begegnet Mose jetzt einem goldenen Stier. Das Volk tanzte um diesen Stier. Und im Geiste höre ich den alten Gottessucher rufen: „Seid ihr denn jetzt alle verrückt geworden? Geht’s noch?“
Mir scheint im Blick auf den zweiten Epiphaniassonntag, als habe Johann-Sebastian Bach seine Kantate „Ach Gott, wie manches Herzeleid“ nur für Mose geschrieben. Hier heißt es im Eingangschor: „Ach Gott, wie manches Herzeleid begegnet mir zu dieser Zeit. Der schmale Weg ist trübsalvoll, den ich zum Himmel wandern soll.“
Irgendwie spüren sie das beide. Also Mose und das Volk. Sie wollen ihren Gott sichtbar machen. Ihm begegnen. Endlich Ihn schauen. Vis-a-Vis. Und jetzt geht Mose in die Tiefe. Von einer Felskluft ist die Rede. Gott antwortet ihm. Es kommt bei dieser Antwort anders. Wie immer, wenn Gott redet. Von Güte, von Gnade und Erbarmen ist die Rede. Das ist so außer der oftmals erfahrbaren Welt. Es ist einfach wunderbar. So schön. Darauf gründet das Leben. Erbarmen heißt es da. Nicht Ausgrenzung. Menschen finden damit in das gelobte Land von Freiheit und Würde. Ein Land für alle Menschen.
Mein Herz geht in Freude auf, wenn ich diese Predigtworte lese. Denn sie sind Schönheit pur. Gottes Herrlichkeit ist absolute Schönheit. Seine Schönheit ist Zukunft. Seine Schönheit kommt den Menschen nahe. Aber nie zu nahe, dass sie verbrennen würden. Und so werde ich am Sonntag im Gottesdienst mit Freude singen. Worte nach Johann Gottfried Herder: „Du Morgenstern, du Licht vom Licht, das durch die Finsternisse bricht, du gingst vor aller Zeiten Lauf in unerschaffner Klarheit auf.“ (EG 74)
Der Autor ist Pfarrer i.R. und lebt in Erfurt.
Autor:Online-Redaktion |
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