Predigttext
Im Vorraum der Freude
Auch ihr habt nun Traurigkeit; aber ich will euch wiedersehen, und euer Herz soll sich freuen, und eure Freude soll niemand von euch nehmen. Johannes 16, Vers 22
Abschiednehmen. Abschied für immer. Aber dann sagt die Mutter auf dem Sterbebett: "Wir werden uns wiedersehen!" Ihre letzten Worte trösten die Kinder immer wieder.
Von Mirjam Redeker
Wenn ihr Platz bei Festen leer bleibt. Wenn sie sich nach der warmen Umarmung sehnen. Nach ihren aufmunternden Worten und dem zärtlichen Blick, der seit Kindertagen auf ihnen ruht. Auch Jesus spricht seinen Jüngern Mut zu, wie sie seine Abwesenheit überstehen sollen: die Zeit bis zur Auferstehung. Oder bis zu seiner Wiederkunft.
Zeiten des Wartens, der Ungewissheit und ständiger Abschiede. Denn immer müssen im Leben Abschiede bewältigt werden, nicht nur von geliebten Menschen: Wir müssen uns von Kindheit und Jugend verabschieden. Vom Berufsleben. Von Kräften und Gesundheit. Aber auch von Sicherheiten und Lebensentwürfen. Alles, was wir haben, können wir auch wieder verlieren. Viele sagen dann: Du musst ganz im Hier und Jetzt leben. Nur der Augenblick zählt. Aber kann das schon alles gewesen sein?
Auch die Trauerforscherin Verena Kast empfiehlt uns, abschiedlich zu leben. Die eigenen Grenzen, die eigene Endlichkeit anzunehmen und dabei aber auch die Chancen von Veränderungen und Abschieden nicht zu übersehen. Jesus ist darin ein Meister. Als Wanderprediger lebt er uns vor, nicht an Besitz, Familie oder Heimat zu hängen. Bis hin zu seinem Weg ans Kreuz. Abschied und Leid werden ihm nicht erspart. Er trägt alles mit, ist uns darin ganz nah. Er versteht, was seine Jünger beim Abschied denken und fühlen. Er kennt Tränen, Traurigkeit, ja Gottverlassenheit am eigenen Leib. Aber er bleibt nicht dabei stehen. Christus verspricht uns: „Ich will euch wiedersehen!“ Und das wird eine Freude auslösen, die Ihr nicht mehr verlieren könnt!
Der Auferstandene wird mich anschauen und mir entgegenkommen. Das ist Wegzehrung für Trauerwege und schwierigen Zeiten. Stärkung auf dem Weg hin zur Freude. Er vertröstet mich aber nicht, sondern gibt mir schon im Hier und Jetzt einen Vorgeschmack auf dieses Wiedersehen. Nimmt mich mit in den Vorraum der Freude, wo ich einstimme: „Weicht, ihr Trauergeister! denn mein Freudenmeister, Jesus, tritt herein.“ (EG 396)
Die Autorin ist Pfarrerin in Erfurt.
Autor:Online-Redaktion |
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