Wort zur Woche
Loslassen – leichter gesagt als getan
Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.
Johannes 12, Vers 24
Wann haben Sie das letzte Mal etwas losgelassen? Ich meine: so richtig, nicht aus Versehen. Denkmuster und Glaubenssätze, die uns einengen und negativ festzurren. "Wie gerne wäre ich weniger aufbrausend", erzählte mir neulich ein Bekannter. "Aber mir gehen dann immer die Pferde durch." Genau das meine ich. Wie gerne würden wir manches von dem ablegen, was uns irgendwohin treibt, wo es vielleicht Schaden anrichtet in uns oder bei anderen!
Vom Loslassen erzählen die Mystiker unentwegt. Wer Altes nicht loslässt, kann Neues nicht entdecken. Jesus sagt „Wer sein Leben verliert um meinetwillen, der wird’s erhalten.“ Müssen wir alle erst zu Märtyrern werden, damit wir Vollkommenheit im Glauben erlangen? Nein, das hat Jesus nicht von uns verlangt, wenngleich manches, was Menschen wegen ihres Glaubens erleiden, durchaus diesen Weg beschreibt. Es geht um das Loslassen, damit Fülle sich ausbreiten kann.
Wenn das Weizenkorn nicht "stirbt", wird es keine Frucht bringen. Es muss sich ganz loslassen, um neu zu werden. Wir alle leben in diesem Prozess von Verlust und Erneuerung, Tod und Auferstehung, Loslassen des falschen Selbst und Finden des göttlichen Selbst. Wir erfreuen uns daran jedes Jahr im Frühling neu, wenn die Natur erwacht und uns mit ihren zarten Blütenfarben verzaubert. Auch wir selbst befinden uns in einem immerwährenden Wandel. Wir können uns verändern. Wir dürfen loslassen, was uns ängstigt oder innerlich auffrisst, was uns auf Abwege oder in die Einsamkeit führt. Mühselige Schritte sind es manchmal, bei denen wir auf uns selbst geworfen sind und spüren, wie sehr unser Ich am Alten klammert. Aber schon indem wir dies entdecken, fällt etwas davon ab und macht uns leichtfüßiger. Und legt den Blick frei auf die große Fülle, die uns in wunderbaren kleinen oder großen Geschenken des Lebens begegnen kann. So wird auch der Blick klarer für das Licht der Hoffnung, das am Horizont der Auferstehung zu leuchten beginnt.
Magdalene Franz-Fastner, Pastorin in Ilmenau
Autor:Online-Redaktion |
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