Brot des Lebens
Mehr als ein Lebensmittel

Foto: pixabay.de/Christos Giakkas

Ob Krusten-, Radler- oder Jubiläumsbrot – jedes Brot von Matthias Schwehr hat eine Geschichte. Der Bäckermeister und Brotsommelier aus Endingen im südbadischen Kaiserstuhl erzählt mit Leidenschaft: «Ich hätte mir nie träumen lassen, was man als kleiner Bäcker vom Land mit Brot alles erreichen kann», sagt er.

Von Susanne Lohse

Weit über den 9000-Einwohner-Ort bekannt wurde er durch sein «Brot Christi»: ein Fladenbrot aus Wasser, Mehl und Salz, wie es wohl zu Zeiten Jesu gegessen wurde.

Im Rahmen einer Projektarbeit für die Akademie des Deutschen Bäckerhandwerks in Weinheim machte sich Schwehr auf die Suche nach dem Rezept: «Es hat mich gereizt, herauszufinden, wie Brot damals geschmeckt hat, wie es gebacken wurde.» Fündig wurde er beim Historischen Institut der Universität Mannheim, dem Museum für Brot und Kunst in Ulm, dem Liturgischen Institut in Trier, der Erzdiözese Freiburg sowie dem Zentralrat der Juden in Berlin.

Die Bibel mit rund 270 Fundstellen für «Brot» lieferte wichtige Informationen. Brot als das grundlegende Nahrungsmittel im Vorderen Orient bedeutet in der Heiligen Schrift sowohl schlicht «Nahrung» als auch «Verbindung mit Christus». Es war Lebensgrundlage und Opfergabe.Die Speisungsgeschichten, bei denen Jesus Brot vermehrt, mahnen zu teilen.

Besondere Bedeutung erhalte das gebrochene Brot beim letzten Abendmahl, wenn Jesus in der Bibel spreche: «Das ist mein Leib» (Lukas 22, 19), sagt Oberkirchenrat Matthias Kreplin von der Evangelischen Landeskirche in Baden in Karlsruhe. «Aus der Abendmahltradition wird Jesus selbst das Brot, mithin das ›Brot des Lebens‹», erklärt der Theologe.

Doch wie sieht es denn nun aus, das «Brot Christi» von Matthias Schwehr? Der Bäckermeister zeigt einen runden, 250 bis 300 Gramm schweren Fladen, in der Mitte ein kleines Loch, Einkerbungen wie für Tortenstücke. In Pompeji sei in einem Ofen ein verkohltes Exemplar gefunden worden, sagt Schwehr: «Die Einkerbungen waren dazu da, es leichter brechen zu können.»

Das Loch entstehe durch Teig, der entfernt wurde, um den Fladen dem Priester im Tempel als Dankesgabe – jüdisch: «Challa» – zu überreichen. Die Geschichte des «Brotes Christi» erzählt der Bäcker auf Vorträgen und bei Verkostungen. Kirchengemeinden bestellten es vor allem zur Osterzeit.

Insgesamt backen Innungsbäcker in Deutschland mehr als 3000 verschiedene Brotsorten. Besondere Wertschätzung erfuhr die Vielfalt deutscher Brotsorten mit der Aufnahme in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes der nationalen UNESCO-Kommission 2014.

«Eine Brezel schmeckt in Schwaben anders als in Bayern», beschreibt Bernd Kütscher diese Vielfalt. Er ist Direktor der Akademie Deutsches Bäckerhandwerk in Weinheim und hat 2015 die Weiterbildung von Bäckermeistern zu Brotsommeliers ins Leben gerufen.

«Nach Abschluss des ersten englischsprachigen Kurses haben wir 258 Brotsommeliers in 13 Ländern.» In der Fortbildung werde neben Wissen, Kultur und Historie von Brot auch Sensorik vermittelt. Der Titel «Brotsommelier» soll dazu beitragen, Brot wieder zu dem Stellenwert zu verhelfen, den es einmal hatte. «Es bringt Menschen zusammen und hat sogar die Gesellschaft verändert», sagt Kütscher. «Brot war schon immer mehr als Lebensmittel.»

 (epd)

Autor:

Online-Redaktion

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