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Wie Vergebung gelingen kann
Neuanfang wagen

Foto: pixabay.com/de/silviarita

Wer einen Kredit aufnimmt, muss ihn zurückzahlen. Mit Zins und Tilgung. Mancher zahlt viele Jahrzehnte, um sich und seiner Familie ein Haus zu finanzieren. Andere stehen vor einem Berg aus Schulden und wissen nicht, wie sie ihn kleiner machen sollen. Wie die Schulden vom Prinzip her kleiner werden, ist klar geregelt: Was geliehen wurde, wird zurückgezahlt – bis die Schuld beglichen ist.

Von Christof Messerschmidt

„Vergib uns unsere Schuld“ beten wir im Vaterunser; und tatsächlich stammt das im Griechischen verwendete Verb an der Stelle auch aus dem Bankgeschäft. Es geht um die Rückzahlung eines Darlehens. In der Sprache, die Jesus wohl gesprochen hat, im Aramäischen, meint das Wort „Schuld, Sünde und Geldschuld“. Jedenfalls macht die Anlehnung an das Bankgeschäft klar, um was es geht: Es wird etwas geliehen, gewährt, zur Verfügung gestellt, das wieder zurückgezahlt werden muss, damit keiner mehr dem anderen etwas schuldig ist.

Ich kann mich an eine Phase erinnern, wo es verpönt war, im religiösen Bereich von Schuld zu reden. Das hatte aus meiner Sicht damit zu tun, dass mit der Rede von der Schuld Menschen auch klein gehalten oder gar niedergedrückt wurden. „Du kannst vor Gott gar nicht bestehen. Du bist schuldig. Dein ganzes Leben ist ein Leben in Schuld.“ So sind Menschen vor Schuld gebeugt durchs Leben und in der Haltung beispielsweise auch zum Abendmahl gegangen.

Heute erlebe ich es so, dass Menschen sich bewusst sind, dass ihr Verhalten sich auf Mitmenschen, auf die Schöpfung und auch auf ihre Beziehung zu Gott auswirkt. Die junge Generation hält der älteren im Verbrauch der Ressourcen den Spiegel vor. Die meisten sind sich im Klaren darüber, dass ihr Leben hier auch auf Kosten von anderen geht, die in anderen Teilen der Welt leben oder noch gar nicht geboren sind. Hinzu kommt die Erfahrung, anderen im unmittelbaren Umfeld nicht gerecht zu werden: zu wenig Zeit. Zu wenig Raum. Zu wenig Aufmerksamkeit und Liebe für den, der es nötig hätte und dem ich sie vielleicht sogar schulde? Letztlich bleibt mir nur ein Scheitern an dem, was Gott von mir will, wie ich leben soll im Umgang mit der Schöpfung, meinen Mitmenschen und mit mir. Da entsteht Schuld. Doch wie damit umgehen? Es hilft, wenn ich mir bewusst mache, dass ich Vergebung nötig habe. Vergebung, die mir nicht von einem anderen zugesprochen werden kann, sondern die von Gott kommt, damit ich – wie es beim Abendmahl heißt – "in Frieden hingehen" kann.

Dann passiert Erstaunliches: Der Blick weitet sich bei dem, der diese Bitte betet. Die Vergebung, die ich empfange, ist erst der Anfang. Danach beginnt, was nötig ist, um gut zusammen zu leben: Ich gebe weiter, was ich empfangen habe. Das erscheint mir oft weit schwerer, als selbst um Vergebung zu bitten. Anderen zu vergeben, die mir Unrecht getan, die mir übel mitgespielt haben – und manches Angetane wird auch unentschuldbar bleiben. Mir gelingt es nicht, jedem zu vergeben. Es bleibt eine Schuld übrig.

Doch um Vergebung zu bitten und Vergebung zu erfahren, Vergebung auch zu gewähren, lässt Neues entstehen: Die alten Wege und das alte Verhalten werden durchbrochen von der Güte und dem ernsthaften Wollen, Gemeinschaft zu leben. Mit meinen Mitmenschen. Mit Gott, mit mir und der ganzen Schöpfung. Es wird mir nicht gelingen, unschuldig durch das Leben zu gehen. Weil Gott mit mir trotz allem neu anfängt, kann ich das mit allen anderen auch neu versuchen. Das bin ich ihnen auf jeden Fall schuldig.

Autor:

Online-Redaktion

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