Wort zur Woche

Vollkommen unvollkommen

Desgleichen ihr Jüngeren, ordnet euch den Ältesten unter. Alle aber mit-einander bekleidet euch mit Demut; denn Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade.
1. Petrus 5, Vers 5

Von Johanna Bernstengel

Eine Frage an alle, die Verantwortung in der Gemeinde haben: Wann haben Sie zuletzt über sich gelacht? Können Sie über sich und Ihre eigenen Unzulänglichkeiten auch dann lachen, wenn Menschen in der Nähe sind, denen Sie etwas „zu sagen“ haben? Dann sind Sie gesegnet. Sie haben denjenigen, die zu der Überzeugung gelangt sind, man müsse ihnen aufgrund ihres Amtes mit devoter Ehrfurcht gegenübertreten, etwas voraus: Wer über sich und seine Fehler vor anderen Menschen laut lachen kann, der hat realisiert, dass andere Menschen diese Fehler längst bemerkt haben, und muss somit diese Fehler nicht mehr kaschieren. Wozu auch?

Erstens bringt das sowieso nichts. Zweitens sollte unser Handeln in der Gemeinde immer in der Gewissheit vonstatten gehen, dass unsere Sünden durch das Opfer Jesu Christi am Kreuz vergeben sind, und dass wir auch mit unseren Unzulänglichkeiten von Gott angenommen und geliebt werden. Und drittens sollen wir den Menschen in der Gemeinde in der Liebe begegnen.

Wer felsenfest davon überzeugt ist, dass er durch sein Amt vor allem Stärke zeigen muss und deswegen eine Form der Unterordnung einfordert, kann ein guter Stein zum Gemeindeaufbau sein, wird aber auch eine Härte mit sich tragen, die so ein Stein mit sich bringt. Zu seiner eigenen Unvollkommenheit zu stehen, ist eine Form der Demut. Humor kann ihr wunderbarer Begleiter sein. Wer demütig mit anderen über seine Fehler lacht, der steht ja auch zu diesen Fehlern und lacht sie nicht einfach weg.

Wer demütig mit anderen über seine Fehler lachen kann, der ist auf dem langen Weg schon ein kleines Stückchen weiter. Im Wochenspruch sehe ich keine Prophezeiung für etwas, das in der Zukunft liegt, sondern eine Tatsachenbeschreibung.

Die Autorin ist Pfarrerin in Gatersleben im Kirchenkreis Egeln.