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Predigttext
Von Leiden geheilt

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Als aber Jesus sie sah, rief er sie zu sich und sprach zu ihr: Frau, du bist erlöst von deiner Krankheit! Lukas 13, Vers 12


Es war für sie über die Jahre hinweg schwer. Oft zu schwer. Kaum zu tragen. Sie hat es dennoch immer wieder versucht. Hat sich geplagt. Und ist dabei krumm geworden. Hinter vorgehaltener Hand wurde sie die „Bucklige“ genannt.

Von Karsten Loderstädt

Die Lasten auf ihrer Seele haben sie verbogen. Das tägliche Pensum an harter Arbeit auf dem Feld, im Haus und Stall zeichnete sie. Am Rücken sofort zu sehen. Im Gesicht auch. Mitleidige Blicke anderer helfen ihr nicht auf. „Es hat eben jeder sein Päckel zu tragen“, sagen die Leute.

Phrasen dreschen rückt nichts gerade. Trotzdem gibt sie die Hoffnung nicht auf. „Eines Tages bin ich das alles los. Eines Tages werde ich mich aufrichten, werde das lange Sommerkleid tragen, und es wird nicht zerknittern.“ Eines Tages wird man staunen und sagen: Schau, das ist doch Sara! Unglaublich! Sie läuft auf dem Gehsteig wie auf dem Laufsteg.

Saras Traum wird Wirklichkeit. Eines Tages, während des Gottesdienstes am Feiertag. Sie steht irgendwo am Rande, den Kopf gesenkt. Ihr Blick klebt an den Fliesen des Fußbodens der Synagoge. Sie schweigt. Sie leidet. Sie wartet ab. Plötzlich ruft er ihren Namen. Sein Wort schlägt eine Schneise zwischen den Versammelten hindurch direkt zu ihr hin. Der, dem alle Macht im Himmel und auf Erden gegeben ist, spricht sie an: „Sara, komm bitte zu mir!“

Die Gesichter der Gesetzestreuen verfinstern sich wie der Himmel bei aufziehendem Gewitter. Eine Frau steht in der Mitte. Ein Tabubruch. Alle Augen sind auf sie gerichtet. Alle Ohren gespitzt, was der Rabbi vor hat. Jesus berührt sie durch sein heilendes Kraftwort. Von einer Sekunde auf die andere verändert sich alles. Was jahrelang auf ihr lastete, wurde ihr abgenommen. „Frau, du bist erlöst von deiner Krankheit!“

Nicht mehr und nicht weniger hat Jesus zu ihr gesagt. Und sie steht aufrecht da. Als wäre es das Normalste der Welt. Die Anwesenden hören, wie sie sich beim Vater im Himmel bedankt. Sie singt ihm ein neues Lied. Wunderbar. Aber wider das Gesetz, denn im Gottesdienstablauf nicht vorgesehen. Doch was könnte Besseres geschehen, als böses Leiden gegen gutes Leben zu tauschen? Es geschieht. Heute wie damals. Eines Tages.

Karsten Loderstädt, Pfarrer in Siebenlehn | Foto:  K. Loderstädt
Autor:

Online-Redaktion

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