Fasten vor dem Fest
Warum es freitags Fisch gibt
Plätzchen, Lebkuchen und Stollen gehören zum Advent einfach dazu.
Von Daniel Behrendt
Die Lichter auf den Weihnachtsmärkten leuchten, und der Duft von gebrannten Mandeln und Glühwein weht durch die Städte. Kurzum: Der Advent ist eine Zeit, in der wir es uns – trotz allem Weihnachtsstress – gemütlich machen und der Völlerei nicht abgeneigt sind. Doch eigentlich waren die Wochen vor Weihnachten einst eine Fastenzeit, bei der eine Speise nicht fehlen darf.
Freitag ist Fischtag: ein Brauchtum, das bis heute in manchen Familien und Kantinen verbreitet ist. Das hat weder kulinarische noch gesundheitliche Gründe, sondern ist eigentlich ein Fastenritual. «Der Freitag erinnert gläubige Christen an den Karfreitag, den Sterbetag Jesu», weiß der evangelische Theologe Wolfgang Reinbold. Seit den Anfängen des Christentums sei es üblich gewesen, am Freitag eine Fastenzeit einzulegen, um sich in Demut und innerer Einkehr zu üben.
«Die christlichen Fastenregeln sind allerdings andere als die, die wir heute von den Muslimen kennen, die beim Fasten tagsüber ganz auf Nahrung verzichten», erläutert der Professor für Neues Testament an der Universität Göttingen. So war bei den Christen freitags der Verzicht auf Fleisch vorgeschrieben, also von Tieren, die an Land leben. Entsprechend war Fisch von der Regel ausgenommen – und wurde zu einer beliebten Fastenspeise.
Zugleich etablierte sich der Fisch als ein Symbol, das für Christen eine tiefere Bedeutung hat, sagt Reinbold. «Das griechische Wort für Fisch – Ichthys – lässt sich als Kurzform des christlichen Bekenntnisses lesen: Iesous Christos Theou Yios Soter. Das heißt auf Deutsch: Jesus Christus, Sohn Gottes, Retter.» Aus der symbolhaften Bedeutung des Wortes Fisch habe sich später ein Bildzeichen entwickelt.
«Entsprechend finden sich etwa in den römischen Katakomben sehr viele Darstellungen von Fischen, oft gemeinsam mit anderen christlichen Symbolen wie Kreuz, Taube und Anker oder Abkürzungen des Namens Jesu.»
Auch bekannte biblische Geschichten haben Reinbold zufolge dafür gesorgt, dass der Fisch im Christentum eine wichtige Rolle spielt. So seien die ersten Jünger Jesu Fischer gewesen, und in allen vier Evangelien der Bibel werde die «Geschichte vom wunderbaren Fischfang» erzählt, in der die Netze der Jünger auf Jesu Wort hin auf einmal prallvoll waren, obwohl sie zuvor nichts gefangen hatten. In einer anderen Geschichte soll Jesus das Wunder vollbracht haben, Tausende von Menschen mit nur fünf Broten und zwei Fischen sattzubekommen.
Auch heute sei der Fisch noch ein beliebtes Glaubenssymbol von Christen, berichtet Reinbold. Mitunter begegne es einem sogar im Straßenverkehr: «Achten Sie mal drauf: Womöglich fährt gerade ein Auto vor Ihnen, das ein Fisch-Symbol als Aufkleber auf der Heckklappe trägt.»
(epd)
Autor:Online-Redaktion |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.