Wort zur Woche
Wenn wir darauf nicht mehr hoffen, können wir einpacken
Lasst eure Lenden umgürtet sein und eure Lichter brennen.
Lukas 12, Vers 35
Leisen Schrittes geht sie den langen Weg auf dem Friedhof. Es dämmert bereits, doch die Sonne hat noch Kraft. Gelb. Gold. Orange. Sie zeichnet ihre Farben in den Himmel.
Von Ulrike Schulter
Vergangenen Monat war es, als sie hier standen. Alle. An seinem Grab. Alle mit einer weißen Rose in der Hand. Jetzt hält sie ein weißes Grablicht fest in den Händen und geht auf dem Weg, der mit goldenen Herbstblättern gesäumt ist. Sie kommt an und bleibt stehen. Macht sich grade und blinzelt die Tränen weg. Licht soll sein!
Tage werden kürzer. Lichter bahnen sich durch das Dunkel. Es beginnt die Zeit der Sehnsucht. Als Martin seinen Mantel teilte, da leuchtete Christus in ihm auf. Jedes Jahr wieder gehen Kinder und Erwachsene mit Lichtern und Lampions durch die Straßen. Sie lernen und erinnern das Teilen miteinander hier vor Ort und in der Welt.
Mit den Kerzen auf den Gräbern beginnt die Zeit, in der wir besonders an die denken, die nicht mehr auf dieser Welt und bei uns sind. Mit den Kerzen auf den Gräbern hoffen und vergewissern wir uns, dass der Tod nicht das Ende ist. Wir erwarten das ewige Leben. Die Jungfrauen im Lukasevangelium sollten warten mit ihren Lichtern, heißt: mit ihren Herzen. Wach bleiben und vorbereitet sein: Der Herr kommt!
In allem Dunkel zünden wir die Lichter an. Ganz klein ist die Geste und doch so viel wert. Lasst uns das Gute erwarten. Das Gute im Menschen, das da manchmal nur schlummert. Lasst uns Lichter entzünden und neu auf Jesus warten. Lasst uns erwarten, wovon manche nichts mehr wissen wollen: Verständnis und Liebe. Der Weg durch den Tod führt hin zu Gott.
Lasst uns die Möglichkeit erwarten, dass Frieden kommt am Ende und schon jetzt! Dass Menschen ein Einsehen haben, aufhören, sich und die Welt zu zerstören. Wenn wir darauf nicht mehr hoffen, können wir einpacken. Also bleibt und wacht mit euren Lichtern in der Hand, auf den Gräbern, in den Fenstern! Geht auf die Friedhöfe, dankt und bittet! Seid gesegnet und lasst euer Licht leuchten!
Die Autorin ist Pfarrerin im Pfarrbereich Meuselwitz-Lucka im Kirchenkreis Altenburger Land.
Autor:Online-Redaktion |
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