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Wort zur Woche
Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch

Foto: André Demut


Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.
1. Johannes 5, Vers 4c


Johannes, was meinst du mit „überwunden haben“? Die Welt religiös dominieren? Oder sie sich selbst überlassen, weil ohnehin alles den Bach runtergeht?

Von André Demut

Lieber Apostel, nach allem, was ich aus dem Neuen Testament gelernt habe, denke ich bei „Überwinden“ eher an so etwas wie „vom Bösen nicht ins Bockshorn jagen lassen“. „Den Kopf oben und die langen Linien im Blick behalten“. Haben wir es heute schwerer als du und viele unserer Vorfahren mit diesem „Sieg des Glaubens“? Ich denke nicht.

„Nah ist / Und schwer zu fassen der Gott. / Wo aber Gefahr ist, wächst / Das Rettende auch.“ Als Friedrich Hölderlin dies schrieb, wurde Europa von der Französischen Revolution und den folgenden napoleonischen Kriegen erschüttert. Das „Heilige Römische Reich Deutscher Nation“ wurde aufgelöst und jahrhundertealte Ordnungen außer Kraft gesetzt. Viele Menschen empfanden dies als apokalyptische Krise, das Ende der Welt schien gekommen.

Auch damals gab es Seuchen, Kriege und bittere Hungersnöte. Doch ums Jahr 1800 konnte sich niemand vorstellen, dass einmal Flugzeuge Menschen aus der Luft töten werden. Niemand ahnte, was eine Atombombe bedeuten kann.

„Und schwer zu fassen der Gott.“ Bleibt 2022 nur dieser Halbvers übrig, um auszudrücken, was wir empfinden angesichts der Bedrohungen? Beim Dichter hat jede Zeile Gewicht. Ja, wir erleben gerade eine heftige Krise. Ja, es stimmt: Gott ist „schwer zu fassen“ und eine Wendung zum Guten scheint weit weg. Und zugleich: Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat. Wir dürfen den Kopf oben und die langen Linien im Blick behalten: „Krise“ bedeutet nicht „Katastrophe“ und schon gar nicht das Ende der Welt. Vom griechischen Ursprung her bedeutet Krise „Entscheidung“ oder „Gelegenheit zur Umkehr“. Die Krise ist der Punkt, an dem sich entscheidet, ob unser Weg ins Leben führt oder in die Zerstörung. Die Krise zwingt uns umzusteuern. Dies gilt für unser persönliches Leben und für unser Zusammenleben auf dem Planeten Erde.

Der Autor ist Theologe und Beauftragter der Evangelischen Kirche bei Landtag und  Landesregierung in Thüringen.

Autor:

Online-Redaktion

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