Ehrenamt
Alfons Henschel predigt in Laut- und Gebärdensprache
Während Alfons Henschel predigt, gebärdet er gleichzeitig. Der Quedlinburger Rentner gestaltet seinen Gottesdienst zweisprachig – in Laut- und Gebärdensprache – und feiert ihn an jedem dritten Sonntag im Monat mit einer ganz speziellen Gruppe im Gemeinderaum der Halberstädter Liebfrauenkirche.
Von Uwe Kraus
„Wir sind Gehörlose und Schwerhörige“, erläutert er. Erst kürzlich gehörte er selbst im Halberstädter Dom St. Stephanus zu den Menschen, die im Mittelpunkt standen. In der Winterkirche gestaltete Pfarrer Arnulf Kaus mit dem Superintendenten Jürgen Schilling einen Gottesdienst, mit dem sieben Absolventinnen und drei Absolventen eines Kurses zum qualifizierten Lektorendienst im Kirchenkreis Halberstadt gesegnet und beauftragt wurden.
Kaus hebt hervor, dass er und viele seiner Berufskollegen die Unterstützung durch die Lektoren schätzen, die ihn bei Gottesdiensten vertreten können. Als Kursleiter weiß er um den hohen persönlichen Aufwand an Abenden und Wochenenden, um die Befähigung dafür zu erhalten. „Diese Einsatzbereitschaft ist lobenswert.“ Zu den neuen Lektoren zählen Matthias Speck und Konstantin Herrmann aus Hedersleben ebenso wie der Ur-Quedlinburger Alfons Henschel oder Lydia Probst vom Evangelischen Kirchspiel Wegeleben.
Henschel betont, dass er ganz speziell Gehörlose und Schwerhörige in den Fokus seiner Lektorenarbeit stellen will. „Auch dieser Teil unserer Christengemeinschaft hat ein Recht auf einen Gottesdienst, dem er folgen kann“, fordert er energisch. „Seit die damit beauftragte Pfarrerin aus dem Amt geschieden ist, gibt es dabei deutliche Defizite“, stellt der Mann fest, der selber ohne Hörgeräte aufgeschmissen wäre und immer den Augenkontakt mit dem Sprechenden sucht. Er gebärdet flüssig, schließlich habe er seit seinem ersten Gebärdensprachseminar vor 25 Jahren sein Können immer verfeinert. „Kürzlich stand das Thema Liebe zu Gott im Mittelpunkt. Theoretisch könnte man das Bibelwort in lautsprachbegleitende Gebärden übersetzen, aber es geht darum, dass alles, was man predigt, und die gesamte Liturgie in einfache Sprache übersetzt wird. So ein Gottesdienst mit mir ist schon etwas anders als sonst in der Kirche.“
Alfons Henschel sagt, er sei christlich erzogen worden und durch seine Hörbehinderung wieder näher an die Kirche herangerückt. „So habe ich mich für den Lektoren-Lehrgang angemeldet. Aber mein Tun soll sich nicht auf den engeren Gehörlosenkreis beschränken. Ich bin auch mit meiner Quedlinburger Kirchgemeinde verbunden und könnte dort predigen.“ Es gehe um mehr als die Predigt und passende Lieder. „Wir ehrenamtliche Lektoren sind auf Lesepredigten angewiesen, die wir uns aneignen, also auf unsere ganz besondere Gemeinde zuschneidern. Da sitze ich schon eine gewisse Zeit drüber. Pfarrer schreiben ihre Predigten dagegen selbst.“
Die Zahl gehörloser Gemeindeglieder? Henschel zuckt mit den Schultern. „Zu mir kommen Menschen aus der Region, mal zwei, mal zehn.“ Im Konvent der Gehörlosenseelsorge der EKM, demnächst trifft man sich in Naumburg, tausche man sich zweimal jährlich aus. „Ich nehme dabei für meine Lektorentätigkeit immer etwas mit“.
Autor:Online-Redaktion |
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