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Erfahrung
Bettensuche für das christliche Woodstock

Quartier mit Aussicht: Das Frühstück wird bei Prigges auf dem Balkon mit Blick auf die Lutherpforte serviert. | Foto:  Bernd S. Prigge
  • Quartier mit Aussicht: Das Frühstück wird bei Prigges auf dem Balkon mit Blick auf die Lutherpforte serviert.
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Eine Berlinerin zieht zu uns ins Gästezimmer! Diese Nachricht bekam ich Mitte Mai von der Geschäftsstelle des Katholikentages.

Von Bernd S. Prigge
 
Wir haben schon gemailt. Sie war verblüfft darüber, dass sie im Kloster übernachten wird, im ehemaligen Priorat, nur wenige Meter von Luthers Zelle entfernt. Bettwäsche braucht sie natürlich nicht mitzubringen. Selbstverständlich stellen wir das.

Ich war erschrocken, als ich hörte, dass der Katholikentag weder Schulen noch Turnhallen von der Stadt Erfurt zur Verfügung gestellt bekommen hat. Wie kann die Unterbringung von vielen tausend Gästen ohne öffentliche Unterstützung funktionieren?

Ich hatte aus lauter Mitgefühl auch mein großes Wohnzimmer zum „Indoor-Campen“ unter „Anmerkungen“ bei meiner Quartieranmeldung angeboten. Doch so dringlich ist die Quartierfrage wohl doch nicht. Zumindest wurde darauf nicht reagiert.

Kirchentage – ich bin ein Fan! – und Katholikentage (war ich auch schon mal, in Aachen) leben vom Mitmachen. Sie sind so etwas wie ein christliches Woodstock – mit vielen Begegnungen, interessanten Impulsen, schönen Gottesdiensten. Ein echtes Fest des Glaubens – wenn man sich darauf einlässt! Und eben nicht nur konsumiert, sondern sich tatsächlich einbringt.

In Erfurt werden bei mir auch Erinnerungen wach, als ich vor über 20 Jahren selbst beim Kirchentag beschäftigt war. In Leipzig war ich als Pressereferent unter anderem dafür zuständig, die Stadt einzustimmen auf den ersten gesamtdeutschen Kirchentag in den neuen Bundesländern nach der Friedlichen Revolution. Wir brauchten damals über 10 000 Privatquartiere.

Der kürzlich verstorbene Schauspieler Peter Sodann – selbst Agnostiker, wie er immer betonte – war Schirmherr für die Quartierwerbung. Und er war der beste, den man sich vorstellen konnte. Wir traten im Pyjama und mit Himmelbett auf dem Leipziger Marktplatz auf. Gingen in Halle-Neustadt von Tür-zu-Tür mit unserem Werbematerial. Luden die „gastfreundlichste Familie Sachsens“, eine Großfamilie, die zwölf Quartiere stellte, ins luxuriöse Kempinsky zum Frühstück ein. Alles natürlich mit opulenter Pressebegleitung. Doch der größte Clou: Selbst das MDR-Fernsehen strahlte wochenlang kurz vor der Tagesschau kurze Spots aus, die Sodann mit seinen Tatort-Kollegen gedreht hatte, und sie verwiesen auf die „Schlummernummer“ des Kirchentages.

Dieses Jahr in Erfurt rücken Protestantinnen und Katholiken noch einmal weiter zusammen, in vielen evangelischen Kirchen wird es Programm geben. Alleine im Augustinerkloster gibt es über 20 Veranstaltungen. Und klar, dass sich ökumenische Gastfreundschaft nicht alleine auf kirchliche Gebäude bezieht. Sie fängt „ganz privat“ mit der Unterbringung eines Gastes an. Und sie bleibt verheißungsvoll – ganz nach dem biblischen Zeugnis: „Gastfrei zu sein vergesst nicht; denn dadurch haben einige ohne ihr Wissen Engel beherbergt“ (Hebräer 13,2).

Der Autor ist Pfarrer im Augustinerkloster Erfurt.

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