Ökumene-Labor
Der gemeinsame Nenner
Besucher füllen Reagenzgläser mit bunten Kügelchen, Glaskolben und Trichter sind an Stativen befestigt, an der Wand ein Periodensystem – nein, wir sind nicht in einem Chemielabor, sondern am gemeinsamen Stand "Ökumene in der Mitte" der katholischen und evangelischen Kirchen in Mitteldeutschland beim Katholikentag mitten auf dem belebten Erfurter Anger im Zentrum der Landeshauptstadt.
Von Oliver Gierens
Die Besucher haben hier die Möglichkeit, ein „Lebensglas“ zu befüllen – ein Häufchen Sehnsucht, ein wenig Utopie, ein paar Krümel Stille: Jedes Reagenzglas hat ein anderes Farbenspiel und lädt zur Auseinandersetzung mit den eigenen Wünschen und Hoffnungen ein. Doch das „Chemielabor“ ist auch ein Laboratorium der Ökumene. Das „Periodensystem“ an der Wand enthält typische Schlagworte aus beiden Konfessionen wie Weihrauch oder Heilige, Liturgie oder Herrnhut.
Seit dem Ökumenischen Kirchentag in München 2010 sind die katholischen Bistümer Erfurt und Magdeburg sowie die EKM und die Landeskirche Anhalts mit einem gemeinsamen Stand auf den Kirchentagen vertreten – egal, ob Katholikentag oder Evangelischer Kirchentag – die Bistümer und Landeskirchen treten stets gemeinsam auf. Das Projekt ist mittlerweile zu einer festen Institution geworden. Das Labor steht dabei symbolisch für die Ökumene als Experiment, erklärt Dagobert Glanz, Vorsitzender des Magdeburger Katholikenrates, der obersten Laienvertretung im Bistum.
Wasser des Waldes, des Lichts, des Lebens
"Es geht darum, was funktionieren kann oder wo wir die Bedingungen ändern müssen, um das gemeinsame Ziel der Einheit zu erreichen." Aber die Menschen sind auch eingeladen, sich mit ihren persönlichen Lebensbedingungen auseinanderzusetzen. Wie gestalte ich mein Leben? Was fehlt mir, wovon habe ich zuviel? "Wir haben hier am Stand gute Gespräche", sagt Glanz. Mitten in der Einkaufsstraße kämen auch viele Passanten vorbei, bleiben spontan stehen. Nebenan lädt ein Quiz, angelehnt an das Format "Wer wird Millionär", dazu ein, sein Bibelwissen zu testen.
Unter dem Motto "Sag doch auch mal was" können Besucher etwa mit Bällen darüber abstimmen, ob Demokratie noch eine Zukunft hat. Dazu sollen sie einen Ball in eines der beiden Gefäße einwerfen, die für "Ja" oder "Nein" stehen. "Das alles sind Möglichkeiten, unverzweckt und niederschwellig ins Gespräch zu kommen", sagt Dagobert Glanz. Dazu gibt es als Erfrischung Wasser in drei Geschmacksrichtungen – des Waldes, des Lichts und des Lebens.
In der Mitte des Ökumene-Standes steht ein Tisch in Kreuzform, darauf Brot und Wasser. Hier können sich die Besucher ein wenig ausruhen und austauschen. Die "Ökumene in der Mitte" ist auch ein Versuchslabor, um in einer säkularen Gesellschaft wieder den Draht zu den Menschen zu finden.
Autor:Oliver Gierens |
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