Studentenpfarrer geht in Ruhestand
Die richtigen Fragen stellen
Andreas Fincke ist seit zehn Jahren Studierendenpfarrer und Leiter der Evangelischen Erwachsenenbildung in Erfurt. Seine Veranstaltungen reichen vom Islam bis zum Verschwörungsglauben. Fincke hat auch Israelreisen organisiert und Kochabende mit Studierenden. Ende August geht er in den Ruhestand.
Von Andrea Terstappen
„Ja, das war natürlich eine unheimlich spannende Zeit, weil das mit den Studierenden auch enorm Spaß macht. Die sind frisch und jung und stellen die richtigen Fragen, und sie sind auch frech natürlich.“ Die Evangelische Erwachsenenbildung erreiche dagegen eher die Älteren und ohnehin schon Interessierten und Gebildeten, sagt Andreas Fincke selbstkritisch. Eine breite Schicht hingegen erreiche man gar nicht. „Und gerade mit denen müssten wir ins Gespräch kommen, auch in einen kritischen Diskurs, über politische Themen, über Fragen des Rechtsextremismus könnten wir ja streiten.“ Aber genau dieser Streit finde zu wenig statt.
Es sei eine heikle Gratwanderung, mit Demokratie-Enttäuschten zu diskutieren, ohne dabei Rechtsradikalen und Demokratiefeinden ein Podium zu bieten, wo sie nur ihr Programm abspulen, ohne debattieren zu wollen. Aber auch in den Kirchengemeinden gebe es Rechtsorientierte. „Wenn es dann heißt ›Evangelische Kirche gegen Rechtsextremismus‹, was ja an sich ein vernünftiger Slogan ist, denk ich manchmal: naja, wir haben aber Facetten dieser rechten Haltungen auch in den Kirchen.“
Gerade in Zeiten des AfD-Umfragehochs und vor den Landtagswahlen 2024 stelle sich für die Kirche und ihre Erwachsenenbildung die Frage: Wie erreichen wir die bisher Unerreichten? „Die AfD ist eine rechtsextreme Partei, das ist ja einerseits richtig. Aber nicht alle, die die AfD wählen, sind Rechtsextreme.“ Man dränge womöglich Leute, die Protest, Unmut und Wut artikulieren wollen, dahin, eine solche Partei zu wählen.
Differenzierte Haltungen entwickeln, das sei eine Kernaufgabe von kirchlicher Bildungsarbeit, findet er. „Aber genau das ist eben so schwierig, ich sage es mal salopp, weil wir eben die Kritiker und die Nörgler nicht erreichen oder weil wir als Kirche in dem Ruf stehen, wir seien ja sowieso links und grün und wären sozusagen vorgefertigt in unseren Meinungen.“ Dabei lasse sich gerade der Einsatz für die Bewahrung der Schöpfung und für die Fremden ganz klar biblisch begründen.
Pfarrer Fincke erinnert sich an gut besuchte Veranstaltungen in Kleinstädten und Dorfkneipen. Gerade den ländlichen Raum nicht den Demokratieverächtern überlassen, das sei wichtig für die Zukunft.
Autor:Online-Redaktion |
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