Freikirchliches Gemeindeprojekt
Die Schaufenster-Kirche feiert Frühstücks-Gottesdienste
Diese Kirche will anders sein: Sie hat kein sakrales Gebäude und keinen Kirchturm, sondern ist in einer Ladenfläche im Magdeburger Stadtteil Stadtfeld Ost untergebracht:
Von Oliver Gierens
Vor gut einem Jahr, am 8. Dezember 2023, ging die "Kirche.MittenDrin" an den Start. Wo sich immer mehr Menschen von den klassischen Gemeinden abwenden, will sie bewusst anders sein.
Drei Räume gehören zu dem Laden in der Arndtstraße 56. Im vorderen Bereich hinter dem Schaufenster werden Gottesdienste gefeiert. Daneben gibt es ein Café für Eltern mit Kindern. Der "Frühstücks-Gottesdienst" wird als Mitbringbuffet gestaltet, einmal die Woche gibt es den "Krümel-Mittwoch", eine Krabbelgruppe für Kinder bis zwei Jahren. 20 bis 30 Erwachsene kommen regelmäßig zu den Angeboten, berichten zwei der Mitinitiatoren, Waldemar Schröder und Dieter Janzen.
Dass das Angebot stark auf Eltern mit Kindern ausgerichtet ist, liege an der Struktur des Stadtteils. Viele junge Familien seien hier zu Hause, man verstehe sich bewusst auch als Stadtteilprojekt. "Mittlerweile haben wir einen gewissen Bekanntheitsgrad", sagt Janzen – nicht nur in der Nachbarschaft, sondern auch unter den anderen Kirchen. Die "Kirche.MittenDrin" sei in das Netzwerk CiMD (Christen in Magdeburg) eingebunden, ein konfessionsübergreifender Zusammenschluss von Gemeinden.
Neben Angeboten für Familien gibt es auch regelmäßige Gesprächsrunden unter dem Motto "Glaube ist fragwürdig". Dazu habe man beispielsweise einmal in eine Weinbar eingeladen, um dort in geselliger Runde Dinge zu hinterfragen – aber auch zu begründen.
Dabei verstehe man sich als "Start-up-Kirche", sagt Schröder. "Kirche und Glauben müssen mitten in die Gesellschaft, in das Leben der Menschen hinein." Deswegen habe man sich bewusst für den profanen Raum eines Ladenlokals entschieden. Wie ein Start-up probiere man etwas aus, fange bei Null an und versuche, ein Team zu bilden und mit Menschen ins Gespräch zu kommen.
Auch den Standort Magdeburg haben die beiden Ostwestfalen bewusst gewählt, da es sich um eine stark entkirchlichte Gegend mit nur wenigen Christen handelt. "Wir haben den ungedeckten Bedarf gesehen", betont Dieter Janzen. "Wir kommen von einem Missionswerk und gehen dahin, wo Kirche nicht ist", ergänzt Waldemar Schröder. Es gehe darum, neue Wege zu schaffen, neue Räume und Formen. "Es muss am Ende des Tages eine Kirche für die Magdeburger sein."
In den Räumen sollen sich Menschen begegnen, ihre Fragen und Zweifel loswerden. "Wir wollen Barrieren abbauen in Fragen über Gott und Glauben, dass Menschen wieder Bock bekommen auf die ganze Thematik und vielleicht auch ein Stück Heimat."
Dabei sei das Publikum durchaus unterschiedlich: Manche hätten gar keine religiöse Prägung, andere seien zwar getauft, hätten aber kaum einen Zugang zum Glauben. "Das ist schon eine stark durchmischte Gruppe, was die Glaubenserfahrung angeht", meint Janzen. Gemeinsam sei aber den Besuchern, dass sie sich durch klassische Gemeindeangebote nicht angesprochen fühlten. Auch die Eigeninitiative der Besucher sei wichtig: Vieles in der Gemeinde funktioniere durch Beziehung und gegenseitige Unterstützung.
Mit den anderen Gemeinden in der Stadt gebe es ein "wohlwollendes Miteinander", betont Janzen. Doch manchmal kämen auch Anfragen, ob man nicht lieber die bestehenden Gemeinden in ihrer Arbeit unterstützen wolle. "Dann würden wir aber die Leute nicht erreichen, die wir jetzt ansprechen", meint Schröder. Es gehe darum, das bestehende Angebot zu ergänzen. "Das Attraktive liegt momentan im Kleinen, in dem familiären Rahmen", ergänzt Janzen. Man verstehe sich bewusst als "Mitmachkirche", betont Schröder. Jeder verstehe sich als Teil einer Gemeinschaft und leiste seinen eigenen Beitrag, etwa beim Mitbringbuffet.
Hinter der "Kirche.MittenDrin" steht das Missionswerk "Multiply Europe" der freikirchlichen Gemeinschaft der Mennoniten, die wiederrum der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) und der Evangelischen Allianz in Deutschland (EAD) angehört.
Autor:Online-Redaktion |
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