Buchtipp
Ein Dom und „verkehrte" Kirchen
Für Luxemburg und das Saarland gibt es selbstverständlich nicht nur einen Reiseführer: Für die flächenmäßig gleich große Altmark im Norden der EKM findet man kein vergleichbares Übersichtswerk.
Von Uwe Kraus
Diese Lücke beseitigt Heinzgeorg Oette mit „Altmark: Mit den Hansestädten Salzwedel, Stendal, Gardelegen und Tangermünde, Elb-Havel-Winkel und Altmark-Radrundkurs“. Der promovierte Journalist und Tourismusexperte stellt schnell klar: Der Landstrich steht für sich und lädt zum Entdecken ein. Viele Etiketten zwischen „Luxus der Leere“ bis „Wiege Preußens“ seien der Altmark aufgepappt worden, weiß der Autor und setzt auf die Authentizität des ziemlich flachen Landes „fernab des lichtverschmutzten Großstadthimmels“.
Die Altmark brauche keine Etiketten, „sie ist einfach nur spannend und schön“. Der gebürtige Thüringer vermag mit seiner Auswahl von Orten und Fortbewegungsmitteln, von einer Menge Geschichte und nicht minder viel Natur auch Menschen zu faszinieren, die in Gardelegen geboren und in Osterburg aufgewachsen sind, nach Klötze geheiratet und schon einige Mal den Arendsee umrundet haben.
Im handlichen Reiseführer trifft der Radler, Wanderer, Reiter oder Paddler auf viel unberührt scheinende Beschaulichkeit, wenn er sich denn auf die verträumte Region einlässt, die von Backsteinbauten und Feldsteinkirchen, Spargel und den Erinnerungen an Zaren, Königinnen und Kanzlern geprägt ist. Dabei gibt sich der Reiseführer keineswegs übertrieben lokalpatriotisch, sondern erlaubt bei seinen Empfehlungen durchaus den Sprung ins Niedersächsische und Brandenburgische. Was Heinzgeorg Oettes Reiseführer trotz einzelner Dopplungen auszeichnet, ist die Vielfalt des Schauens. Er blickt ornithologisch in den Drömling und auf den Arendsee, er triff Jenny Marx und den Wanderprediger Gustav Nagel, aber auch auf jene Menschen, die heute dafür sorgen, dass die „Alte Mark“ nicht immer so verschlafen daherkommt, wie viele meinen.
Dazu trägt optisch seine Frau Regine bei, die den Großteil der 120 Fotos beisteuert. Darunter sind zahlreiche Fotos von Gotteshäusern. Befinden sich doch zwischen Aland und Mittellandkanal, Havelberg und Drömling rund 500 Kirchen, darunter über 400 in der die Region prägenden Feldsteinarchitektur sowie bekannte Juwelen der Backsteingotik.
Die Altmark gilt als Paradies der Kirchensucher. „Knuffig“ bis „wuchtig“ seien die Dorfkirchen zwischen Hagen, Meßdorf, Engersen und Wiepke, meint der Autor, der lange Touren über das flache Land gemacht hat und 51 Kirchbauten näher benennt. Obwohl das protestantische Gebiet keine Pilgertraditionen hat, machen regionale Angebote wie „Von Dom zu Dom“, welches über ein Dutzend Gotteshäuser verbindet, das geistliche Erbe der Altmark erlebbar. Zudem tangiert der Jakobusweg das Kloster Jerichow. Als kirchenmusikalische und kulturelle Leuchttürme gelten neben dem Dom in Havelberg die Briester Marionettenkirche und romanische Dorfkirchen mit wertvollen Orgeln in Krevese, Wust, Beuster und Meßdorf. In Stendal laden fünf große backsteingotische Hallen- beziehungsweise Ratskirchen und in Tangermünde die dreischiffige St.-Stephans-Kirche an die europäische Route der Backsteinkirche ein. Und Oette vergisst auf seinen Touren auch die sieben „verkehrten Kirchen“ nicht: Die Türme weisen in Beelitz, Storkau, Staffelde, Hämerten, Nesenitz, Tangeln und Wallstawe nach Osten.
Oette, Heinzgeorg: Altmark, Trescher Verlag, 180 Seiten, ISBN 978-3-89794-572-2, 14,95 Euro
Autor:Online-Redaktion |
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