30 Jahre Evangelisches Landjugendzentrum Kusey
Ein offenes Haus für alle
Gleich im Eingangsbereich steht ein Kickertisch. Links sind die Küche und ein großer, teilbarer Saal, geradeaus geht es in den Garten, rechts sind Kinderraum, Büro- und Besprechungsräume.
Von Thorsten Keßler
Eine bunte Graffiti-Wand mit dem Schriftzug „Together 4 Changes“ (Gemeinsam für Veränderungen) hat Felix Gollnow gerade jüngst mit Jugendlichen gestaltet. Seit fast einem Jahr ist der 23-jährige Erzieher der Ansprechpartner im Evangelischen Landjugendzentrum Kusey, kurz: ELZ, im Kirchenkreis Salzwedel. Direkt nach den Sommerferien ist es noch etwas ruhig. Nach Klassen- oder sogar Schulwechsel sind Kinder und Jugendliche noch dabei, ihren Rhythmus zu finden.
„Ich bin von vor dem Schreibtisch hinter den Schreibtisch gewechselt“, erzählt Felix Gollnow. Die Konfirmandenzeit sei vor rund zehn Jahren der erste Kontakt zum ELZ gewesen. Nach der Konfirmation habe er sich ehrenamtlich im ELZ engagiert, die Schwedenfreizeit begleitet und sich danach entschieden, auch beruflich in den sozialen Bereich zu gehen. „Das war mein Weg. Hier im ELZ wurden die Wurzeln gelegt.“
Einzugsgebiet ist die Region um die Einheitsgemeinde Klötze. In Klötze gibt es Grund- und Sekundarschule. Eine weitere Grundschule ist in Kunrau, das Gymnasium in Beetzendorf. Das ELZ ist als offener Jugendtreff Montag bis Freitag von 12 bis 18 Uhr für Kinder und Jugendliche geöffnet. Hausaufgabenhilfe, kreative Workshops, Sport, Ausflüge, aber auch Hilfe und Beratung bei Problemen gehören zu den Angeboten im ELZ. Die Kanufreizeit in Schweden während der Sommerferien gehört seit den Anfängen zu den jährlichen Höhepunkten der Kinder- und Jugendarbeit.
Die Materialhütte im Garten ist in den schwedischen Farben angestrichen. Das Blau-Gelb blättert schon ein wenig ab. Der Neuanstrich könnte eine der nächsten Aufgaben zusammen mit den Jugendlichen sein. „Die Jugendlichen können ihr Jugendhaus kreativ gestalten“, sagt Gemeindekirchenratsvorsitzender Andreas Gädicke.
Auslöser und Motivation für die Gründung des ELZ vor 30 Jahren waren die, besonders in Ostdeutschland durch rechte Gewalt geprägten, Baseballschlägerjahre. Der damalige Gemeindekirchenrat und der Kuseyer Pastor Bernd Schulz hatten entscheidenden Anteil an der Schaffung des Angebotes für Kinder und Jugendliche. Auf Landkreisebene hat die Initiative Zuspruch und Förderung erfahren, auch finanzieller Art. Heute ist Thomas Piesker Pfarrer im Pfarrbereich Steimke-Kusey und Nachfolger von Bernd Schulz. Piesker kennt die Situation der 1990er-Jahre aus seiner Arbeit in Sachsen. „Gerade im ländlichen Raum wurde deutlich, was ohne Jugendclubs passiert. Die Leere hat dazu geführt, dass Jugendliche rechten Kameradschaften auf den Leim gegangen sind.“ Schulz und der Gemeindekirchenrat haben dem mit dem ELZ etwas entgegengesetzt und genau diese Lücke gefüllt. Ein neues Gemeindehaus mit sozialpolitischer Aufgabe, als Prävention gegen Rechtsextremismus.
Die Kirchengemeinde Kusey ist auch heute noch Träger des ELZ. Thomas Piesker unterstreicht die Bedeutung der Arbeit und warnt vor den Folgen von finanziellen Kürzungen. „Es ist ein gefährlicher Trend, dass freie Initiativen, die sich für das Gemeinwesen engagieren, um ihre finanzielle Zukunft bangen. Damit müssen wir uns auseinandersetzen und uns dagegen wappnen.“ Die 1990er-Jahre seien ein warnendes Beispiel. „Wir wissen ganz genau, was dann passiert!“
Erfolg der offenen Jugendarbeit „ist die Begeisterung der jungen Leute und dass am Ende so eine Graffit-Wand entsteht“, sagt Felix Gollnow. Die Herausforderung der Arbeit sei es, „die Jugendlichen durch die richtigen Angebote abzuholen.“
Abholen übrigens auch sprichwörtlich im Hinblick darauf, wie junge Leute aus der Umgebung das ELZ in Kusey erreichen. Ein Moped dürfen viele noch nicht fahren. Fahrradinfrastruktur ist nur bedingt vorhanden. Busverbindungen sind desolat.
Das Jubiläum wird mit dem Gemeindefest gefeiert: am 23. August ab 16 Uhr mit einem Flohmarkt und ab 19 Uhr mit einem Jugendabend, am 24. August um 14 Uhr mit einem Gottesdienst mit anschließendem Gemeindefest.
Autor:Online-Redaktion |
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