Deutschlands erstes Leichenhaus
Fußbändchen für die Toten
Im Jahre 1792 – in diesem Jahr vor 230 Jahren – wurde in Weimar das erste Leichenhaus in Deutschland errichtet. Der Initiator war der spätere Namensgeber des Sophien- und Hufeland-Klinikums in Weimar, der Arzt und Sozialhygieniker Christoph Wilhelm Hufeland (1762–1836).
Von Jeffrey Myers
Der tiefgläubige Mediziner gilt wegen seines Verständnisses vom Altern als eines beeinflussbaren Prozesses als Wegbereiter der modernen Geriatrie. Berühmtheit erlangte er nicht nur wegen seiner prominenten Klientel – zu seinen Patienten zählte unter anderen Dichter und Geheimrat Johann Wolfgang von Goethe. Auch die Armenfürsorge lag dem protestantischen Arzt am preußischen Hof am Herzen. Zuvorderst aber hatte sich Hufeland zu Lebzeiten unermüdlich für eine Verbesserung der medizinischen Versorgung und der hygienischen Verhältnisse eingesetzt.
Ausschlaggebend für die Errichtung des ersten Leichenhauses auf dem Weimarer Jakobsfriedhof war der damalige Kampf gegen den Scheintod, vor dem viele Menschen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts große Angst hatten. Den Tod eines Menschen sicher festzustellen, war in der damaligen Zeit noch problematisch. Inspiriert durch den Arzt Johann Peter Falk, welcher seinerseits als erster deutscher Mediziner über die Gefahr des Lebendig-Begraben-Werdens aufklärte, wurde das erste Leichenhaus von Hufeland in Weimar errichtet. Wie zuvor an den Gräbern üblich, bestand er darauf, dass an den Händen und Füßen der Toten Bänder angebracht wurden, welche mit einer Glocke in Verbindung standen und die bei der kleinsten Bewegung schellen sollte.
Einen Mehrnutzen schuf der Mediziner Hufeland, indem er bei der Nutzung einer solchen Leichenhalle nicht nur die Gefahr für die Scheintoten zu beseitigen suchte, sondern auch trauernden Angehörigen die Abschiednahme ermöglichte.
Das Sophien- und Hufeland-Klinikum in Weimar erinnert mit seiner Namensgebung an den engagierten Arzt und „Volkserzieher“. Entstanden ist das Klinikum 1998 aus dem Zusammenschluss der diakonischen "Stiftung Sophienhaus Weimar" und den städtischen Hufeland-Kliniken Weimar. 2004 übernahm das Marienstift Arnstadt die von der städtischen Hufeland-Trägergesellschaft Weimar gehaltenen Geschäftsanteile. Seit 2021 ist das größte christliche Krankenhaus in Thüringen in ausschließlicher Trägerschaft von Unternehmen des Stiftungsverbundes der Stiftung Sophienhaus.
Autor:Online-Redaktion |
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