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Reinsdorf
Jugendstil-Kirche erstrahlt in neuem Glanz

Foto:  Isabel Singer

Auf der östlichen Anhöhe über Greiz wurde Reinsdorf um das Jahr 1200 von Siedlern gegründet. Sie kamen aus dem Frankenland, errichteten bald eine Kirche und legten einen Gottesacker darum an. Im letzten Jahr nun begingen die Reinsdorfer 300-jähriges Kirchweihjubiläum.

Von Matthias Singer

Die mittelalterliche Kapelle oder Kirche wurde 1320 das erste Mal erwähnt, allerdings ist unklar, wie sie aussah. Im Jahre 1533 wurde im Greizer Land, also auch in der Kirchgemeinde Reinsdorf, die Reformation eingeführt. Erster evangelischer Pfarrer war Johann Freiesleben, der zugleich " Mitsuperintendent" (leitender Oberpfarrer) im Kirchkreis Greiz war.

Die mittelalterliche Kirche überdauerte die notvollen Zeiten bis sie zu Beginn des 18. Jahrhunderts für baufällig befunden wurde, so dass der Patronatsherr, Graf Heinrich XIII. zu Untergreiz, den Abriss des Gebäudes anordnete. Unter Verwendung älterer Bauteile wurde 1720 an gleicher Stelle die neue Kirche errichtet, deren Grundform bis heute erhalten ist. Einen großen Anteil an diesem Kirchenbau hatte Karl Erdmann von Commerstädt, Rittergutsbesitzer zu Unterschönfeld.

Die alte Kirche wurde im Frühjahr abgebrochen, ab Mai wurden in nur sechs Monaten Langhaus, Altarraum mit Inneneinrichtung im barocken Stil geschaffen, und die neue Reinsdorfer "Dreifaltigkeitskirche" (lat. Trinitatis) am 3.11.1720 in einem festlichen Gottesdienst eingeweiht. Es erklang eine speziell dafür komponierte Kantate des damals in Greiz lebenden Johann Friedrich Fasch mit einem Text des Ortspfarrers Hieronimus Reibstein. J. F. Fasch machte sich später in Zerbst einen Namen als Kapellmeister, Johann Sebastian Bach achtete ihn als bedeutenden Komponisten seiner Zeit. Der neuen Kirche fehlte noch der Turm. Im Jahre 1724 wurde er auf Fundamenten des alten errichtet, wiederum in Rekordbauzeit von fünf Monaten. In seiner originellen Art leuchtet der Kirchturm, fast 40 m hoch, weit ins Land. Kuppelform und Fachwerklaterne zeigen die Nähe zum sächsischen Vogtland, abweichend von der im Greizer Land vorherrschenden Schweifkuppel.

Am 15.01.1911 fiel ein großer Teil der Innenausstattung des Gotteshauses einem Brand zum Opfer. Noch im selben Jahr wurde die Reinsdorfer Kirche unter Leitung von Paul Lange wieder aufgebaut, in den Formen des Jugendstils neu gestaltet und am 20.11.1911 eingeweiht. Die bunten Bleiglasfenster, alles Geschenke verschiedener Stifterfamilien aus dem Jahr 1911, geben der ganzen Kirche ihr Farbenspiel.

Außerdem blieb von der barocken Ausstattung nur der prächtig verzierte Kanzelaltar erhalten. Der Taufstein wurde um 1970 unter einer Treppe in der Kirche gefunden und steht seitdem im Altarraum. Das älteste Kunstwerk der Kirche, eine Halbplastik eines Diakons aus dem 15.Jahrhundert, befindet sich am Lesepult, das jedoch selbst aus neuerer Zeit ist.

Ende des 20. Jahrhunderts hat die Gemeinde ihre Kirche mit großem Einsatz renoviert und ergänzt: Innenerneuerung 1961, Außenerneuerung meist in Feierabendarbeit 1978/79, und 1996 hat der Turm zwei neue Glocken bekommen – eine gestiftet von der Kirchengemeinde, die andere durch eine Stifterfamilie aus Reinsdorf – so dass nun drei Glocken weit ins Land klingen.

Seit der Innenrenovierung 1961 wurde es wieder Zeit, das Kirchenschiff aufzufrischen. So begann man im Jahre 2009 mit den Vorbereitungsarbeiten. Dabei stellte man einen Schwammbefall im Dachstuhl fest. Dieser musste natürlich als erstes Entfernt werden. Somit flossen alle bis dahin angesparten finanziellen Mittel in die Sanierung des Dachstuhles. Nachdem die Kirchengemeinde sich finanziell wieder erholt hatte, begann man 2015 die Innensanierung in Angriff zu nehmen. Bei Untersuchungen, der Wände und Decke, kamen Motive des Jugendstils zum Vorschein. Gemeinsam mit dem Denkmalschutz, verständigte man sich darauf, den Innenraum wieder im Jugendstil malerisch Instand zu setzten. Das Ziel 2020 zum 300 jährigen Kirchweihtag fertig zu sein, ist uns auch gelungen. Großen Anteil daran hatten die Gemeindeglieder, Sponsoren und Fördermittelgeber. Immerhin brachte die Kirchengemeinde Spenden in Höhe von rund 24.000,00 Euro auf. Der verbleibende Betrag von rund 173.000,00 Euro wurden über Fördermittel und Lottomittel erbracht.

Im Monat September 2020 ehrte man die geleistete Arbeit, mit dem Denkmalschutzpreis des Landkreises Greiz. Zum 300. Kirchweihgottesdienst, würdigte der Bürgermeister der Stadt Greiz die erbrachten Leistungen mit einer Spende. Somit ist sie, die einzige Kirche in Thüringen, die im Jugendstil erstrahlt. 

Der Autor ist Vorsitzender des Gemeindekirchenrats Reinsdorf im Kirchenkreis Greiz

Mehr Informationen gibt es auch unter www.kirchengemeinde-reinsdorf.de.

Autor:

Online-Redaktion

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