Ökumenisches Neujahrsgespräch
Kirche muss zum Frieden rufen
Die Einladung zum ökumenischen Neujahrsgespräch im Dezember ließ den Theologen und letzten DDR-Außenminister Markus Meckel stutzen.
Von Renate Wähnelt
"Das entspricht dem Kirchenjahr, pfiffig; Kirche hat etwas zu sagen und steht ein bisschen quer", sagte er. Katholische und Evangelische Akademie hatten den Befürworter von Waffenlieferungen an die Ukraine zum Disput mit EKM-Landesbischof, Friedrich Kramer, und dem Bischof des Bistums Magdeburg, Gerhard Feige, eingeladen.
"Wir müssen ethische Verantwortung für den Umgang mit Macht und mit Gewalt entwickeln und nicht einfach Nein sagen – wer soll’s denn machen", forderte Meckel. "Wir wollen Freiheit, das heißt auch: Verantwortung übernehmen." Wo Recht kontinuierlich gebrochen wird, sei Unterstützung zu leisten, auch mit Waffen. "Die Ukraine muss alles bekommen, was sie braucht. Ich würde auch Flugzeuge liefern", unterstrich er. Internationales Recht müsse auch militärisch durchgesetzt werden, wenn es diplomatisch nicht möglich ist. Auch in den Kirchen müsse man sich mit der Frage auseinandersetzen, wie die Einhaltung der internationalen Rechtsordnung und von Verhandlungsergebnissen kontrolliert werden soll.
Aufgabe der Kirche sei, zum Frieden zu rufen und nicht zum Krieg, auch nicht zum Verteidigungskrieg, betonte Friedrich Kramer. Er sei EKD-Friedensbeauftragter, "Frieden steht vorn". Er bleibe gegen Waffenlieferungen an die Ukraine. Die Geistlichen seien sich einig, dass Waffen falsch sind. "Doch viele sagen: keine Waffen zu liefern ist noch falscher. Aber als Kirche müssen wir uns klar für Gewaltlosigkeit positionieren, auch wenn wir damit politisch nicht anschlussfähig sind." Krieg sei das Ende aller Demokratie und aller Menschenrechte, unterstrich er.
Aufmerksam folgte Gerhard Feige dem Disput der evangelischen Theologen und konstatierte, dass der Riss bezüglich der Waffenlieferungen durch beide großen Kirchen gehe. Und jede Seite könne sich aufs Evangelium beziehen. "Es gibt keine Lösung, bei der man nicht schuldig wird", stellte er fest. Er empfinde den Krieg als "altmodischen Krieg, der wohl nur mit altmodischen Methoden zu beenden" sei.
Zur Haltung Patriarch Kyrills, der Putin unterstützt, analysierte Feige, dass in Russland Staat und Kirche in anderem Verhältnis zueinander stehen als in Westeuropa. Der Zusammenbruch der Sowjetunion war eine Demütigung, in der die Kirche ein Rückgrat bildete, meinte er. Hinzu komme das Bild vom Heiligen Russland und dem Gesamtverband der Rus, so dass dieser Krieg nicht als Krieg gegen ein anderes Land gesehen werde. Und schließlich sei Gut und Böse klar verteilt: Der Westen sei das Böse. Kyrill könne und wolle keine andere Position einnehmen.
Autor:Renate Wähnelt |
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