Likörelle trifft Liturgie
Lindenberg, der christliche Humanist
Udo Lindenberg singt nicht nur, er malt auch. Unter anderem Bilder zu biblischen Themen. Zu sehen sind sie in der Erfurter St.- Severi-Kirche. Wer sie betrachtet, merkt: Hinter dem Etikett „Panik-Rocker“ verbirgt sich ein ernsthafter Künstler, dem die Bibel und die Nächstenliebe wichtig sind.
Von Uwe Birnstein
1982 lernte Lindenberg den Kunstavantgarde-Bürgerschreck Joseph Beuys kennen und erkannte, dass auch bildende Kunst auf politische und gesellschaftliche Themen aufmerksam machen kann. Lindenberg begann seine „Likörelle“ – mit farbigen Alkoholika erstellte Skizzen – zu malen. „Udogramme“ folgten – ausdrucksstarke, mit schnellem Strich gezeichnete kleine Frauen und Männchen. Auch Illustrationen zu seinen Liedern entstanden. Lindenbergs Bruder Erich war Kunstprofessor. Oft malten sie zusammen.
TIPP
Fast 30.000 Menschen haben die Ausstellung „Udos 10 Gebote“ in der Erfurter Severi-Kirche während des Katholikentages gesehen. Zur Finissage am 8.Juni, 17 Uhr, wird das Münchner Duo „Stine & Stone“ Lindenberg-Songs, in denen es um den Glauben geht, live spielen.
Der Münchner Theologe, G+H-Autor und Lindenberg-Biograf Uwe Birnstein wird unter dem Titel „Panik, Gott und 10 Gebote“ Hintergründe zu Lindenbergs (Glaubens-)Leben geben. Eine Führung durch die Ausstellung ist Teil des Programms.
Später näherte sich Udo einem neuen Thema: Den „Zehn Geboten“. Er sei „vielleicht einer, der gern alte Gesetze wegsprengt“, sagt Lindenberg von sich selbst. Die Zehn Gebote gehören für ihn aber zu den grundlegenden Gesetzen der Menschheit, die dazu dienen sollen, Frieden und Gerechtigkeit herzustellen. „Die Bilder sollen zeigen, wo es wehtut“, erklärte er – doch „sie zeigen auch, wie man da rauskommt“.
Den Bilderzyklus beschließt Lindenberg mit einem Triptychon. „Vom Krieg der Religionen zur Menschheitsfamilie“ nennt er die drei Bilder. Mit ihnen kommentiert er die Gebote und nimmt die Kehrseite des Ein-Gott-Glaubens in den Blick: „Ich sehe den religiösen Fanatismus, ich sehe, wie Leute eben nicht ins Gespräch kommen, um sich friedlich abzusprechen und den Frieden endlich mal hinzu-kriegen nach all den Jahrhunderten, einer Katastrophe nach der anderen.“
Das dritte Bild zeigt Lindenbergs Vorstellung vom Himmel auf Erden: die Menschheitsfamilie in ihrer ganzen Vielfalt friedlich beieinander. Links unten ist er selbst zu sehen, erkennbar am Hut. Lindenberg zeigt die Menschen nicht entrückt, sondern lässt ihnen ihre Eigenheiten und irdischen Attribute. Er will die Hoffnung darauf nicht begraben, dass Frieden schon auf Erden möglich ist. "Die Kunstwerke führen uns vor Augen, dass wir alle achtsam und wachsam sein müssen", sagte Monsignore Georg Austen, Generalsekretär des Bonifatiuswerks, das die Ausstellung organisiert.
Udo Lindenberg – ein christlicher Humanist? Auf jeden Fall ist er der Lehrer der „bunten Republik Deutschland“. Davon erzählen die Bilder zu den Zehn Geboten. Sie sind ein kultureller Glücksfall nicht nur für diejenigen, denen an einer Übersetzung der alten Lehren in die Gegenwart gelegen ist.
Autor:Online-Redaktion |
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