Frauenwerk der Landeskirche protestiert gegen geschlechtsbezogene Gewalt
Solidarität in Schwarz
Das Frauenwerk der Landeskirche protestiert gegen geschlechtsbezogene Gewalt. Donnerstags setzen sie mit Trauerkleidung ein Zeichen. Reaktionen bleiben nicht aus.
Von Katja Schmidtke
Es sind stille, aber klare Zeichen: In Israel gingen im Januar 1988 in Schwarz gekleidete Frauen auf die Straße und demonstrieren nach dem Ausbruch der Intifada für ein friedliches Zusammenleben, im ehemaligen Jugoslawien protestierten Frauen 1991 schweigend gegen Vergewaltigung als Kriegswaffe, in Hamburg gibt es seit 1993 monatlich Mahnwachen. So unterschiedlich diese Frauen, ihre Herkunft, Religion und Lebenserfahrungen auch sind, sie alle eint ihr öffentlicher Protest gegen Krieg, Terror und Gewalt. Der internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen am 25. November macht darauf aufmerksam.
Der Ökumenische Rat der Kirchen hat sich diesem Protest angeschlossen und die Initiative "Donnerstags in Schwarz" ins Leben gerufen. Dahinter verbirgt sich die Idee, sich an diesem Tag ganz in Schwarz zu kleiden und so niederschwellig Gewalt gegen Frauen zu thematisieren, sich mit den Betroffenen zu solidarisieren.
Auch das Frauenwerk der EKM, die Evangelischen Frauen in Mitteldeutschland, haben sich dem Aufruf angeschlossen. Die Mitarbeiterinnen der Geschäftsstelle haben im vergangenen Jahr jeden Donnerstag schwarze Kleidung und einen Button getragen. Manchmal kamen intensive Gespräche zustande, manchmal nur ein "ja, schön". "Es ist vor allem ein Zeichen der Solidarität mit betroffenen Frauen", betont Carola Ritter, Leitende Pfarrerin der Evangelischen Frauen in Mitteldeutschland. Neben all der persönlichen Tragödie hat Gewalt oftmals strukturelle Ursachen und politische Facetten. Häusliche Gewalt ist keine Privatangelegenheit, wie mit der Aufnahme des Tatbestands von Vergewaltigung in der Ehe ins Strafgesetzbuch besonders deutlich geworden ist. Gewalt drückt sich auch nicht nur körperlich aus, sondern auch psychisch, erklärt Carola Ritter.
Da geht es um seelische Verletzungen, um Beleidigungen und eine hasserfüllte Sprache. Frauen würden viel öfter als Männer mit sexualisierten Gewaltbegriffen beleidigt. "Der Fall Renate Künast ist da nur die Spitze des Eisbergs", so Ritter. Die Grünen-Politikerin Künast war auf Facebook massiv sexuell beschimpft worden, ein Gericht stufte dies nicht als Beleidigung, sondern als durch die Meinungsfreiheit gedeckte Äußerungen ein.
In Deutschland sind sexuelle Belästigungen, auch am Arbeitsplatz, immer noch weit verbreitet. Rund neun Prozent der Beschäftigten haben bereits sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erfahren, wie die Soziologin Monika Schröttle dem Evangelischen Pressedienst (epd) bei der Vorstellung einer Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes mitteilte. Überwiegend handelt es sich nicht um einmalige Fälle, sondern fortgesetzte schwere Belästigungen.
83 Prozent der Befragten erlebten mehr als einmal belästigende Situationen. Rund ein Viertel der Betroffenen hat der Studie zufolge Erfahrungen von körperlichen Belästigungen und Nötigungen sowie den Zwang zu sexuellen Handlungen am Arbeitsplatz gemacht. Insgesamt handelt es sich bei 98 Prozent der Opfer um Frauen.
Weltweit sieht das Evangelische Werk für Diakonie und Entwicklung eine zunehmende Diskriminierung von Frauen und sexuellen Minderheiten, berichtet der epd. Nach UN-Angaben sterben in Lateinamerika täglich zwölf Frauen durch geschlechtsspezifische Gewalt. "Donnerstags in Schwarz" soll Anlass geben, um darüber ins Gespräch zu kommen, um gegen Gewalt anzureden und anzuschreiben, wie Carola Ritter sagt. Dies könne jeder und jede im persönlichen Umfeld tun.
Doch zum Handeln aufgefordert sind auch Staat und Kirche. Die Istanbul-Konvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt ist noch nicht in allen EU-Ländern in Kraft getreten. Und auch in den Kirchen beginne gerade erst die Auseinandersetzung mit Missbrauch und geschlechterbezogener Gewalt und Benachteiligung.
Autor:Online-Redaktion |
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