Angemerkt
Sollten Dorfläden sonntags öffnen?

Einkaufen vor der Haustür: Viele Dorfläden sind auch dank Digitalisierung an sieben Tagen rund um die Uhr geöffnet.  | Foto: epd-bild/Jens Schulze
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Dorfläden – man meint, so etwas gäbe es längst nicht mehr! Einkaufen von frischen Lebensmitteln, dem täglichem Bedarf zu günstigen Preisen, das erledigt man auf dem Land gewöhnlich ein- bis zweimal in der Woche mit dem Auto im nächstgelegenen Supermarkt.

Von Frank Fehlberg

Doch weit gefehlt: Für den Versorgungseinkauf auf dem Land gibt es an vielen Orten zunehmend digitale Lösungen.

Dorfläden werden halbautomatisierte Supermärkte. Wir Kunden dürfen schon heute an den Selbstbedienungskassen „mitarbeiten“. Zukünftig aber werden wir wahrscheinlich vollüberwacht und schon beim bloßen Füllen des Einkaufswagens abkassiert. Menschliche Arbeitskraft lässt sich so einsparen, wenn auch nicht völlig abschaffen. Ob so allerdings ein sozialer Treffpunkt entsteht, muss sich zeigen.

Bisher sind es vielfach lediglich „digitale Kleinstsupermärkte“, die schwerlich zu einer Lösung der strukturellen Probleme der Daseinsvorsorge auf dem Land beitragen dürften. Dabei zeigt die betriebswirtschaftliche Praxis bestehender Minimärkte, dass auf dem Land wie heute schon in der Stadt überwiegend keine größeren Versorgungseinkäufe, sondern kleinere Ergänzungs- und Gelegenheitskäufe anfallen. Damit überhaupt Märkte aufgebaut werden, müssen bei diesen Kleinkäufen freilich Gewinne abfallen. Deshalb wünschen sich die Betreiber Rund-um-die-Uhr-Geschäfte.

Der Knackpunkt bei der Überwindung dieser Gewinnschwelle: Ein Versorgungseinkauf ist grundsätzlich Teil der werktäglichen Alltagstätigkeit, darf also aus Arbeitsschutz- und Ruhezeitgründen nicht einfach auf Sonn- und Feiertage ausgedehnt werden. Das deutsche Grundgesetz verfährt zudem aus grundsätzlichen Erwägungen streng nach dem bekannten Motto: Ohne Sonntag gibt es nur noch Werktage.

Woche und Wochenende bestimmen verlässlich den sozialen, kulturellen und auch religiösen Rhythmus unserer Gesellschaft. Sie ermöglichen planbare Gemeinschaftszeit in Zeiten allgegenwärtigen 24/7-Erledigungsstresses. Wenn uns die Digitalisierung helfen und nicht hetzen soll, reicht es vollkommen aus, wenn Supermärkte so öffnen wie bisher.

Viele Fachleute der evangelischen Landeskirchen, die in der Allianz für den freien Sonntag das Geschehen beobachten, fordern eine ernsthafte infrastrukturelle Stärkung und Teilhabe des ländlichen Raumes. Einer Aushöhlung des grundgesetzlichen Sonntagsschutzes erteilen sie eine entschiedene Absage.

Der Autor ist Studienleiter für Arbeit und Wirtschaft an der Evangelischen Akademie Thüringen. 

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