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Kirchenkreis Halberstadt
Unterwegs zwischen Rein- und Kirchenraum

Martin Oye hat als GKR-Vorsitzender anspruchsvolle Ziele. | Foto: Uwe Kraus
  • Martin Oye hat als GKR-Vorsitzender anspruchsvolle Ziele.
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Martin Oye findet ein gutes Bild für seine Lebenssituation. „Auf der Autobahn meines Lebens erlebe ich gerade die Rushhour.“

Von Uwe Kraus

Der 39-Jährige arbeitet als Vertriebsleiter der Firma Novoplast Schlauchtechnik, einem bedeutenden Medizintechnikproduzenten, der Schläuche herstellt. „1000 Meter auf einer Rolle, hergestellt im Reinraum.“ Das seien wichtige Komponenten für die Weiterverarbeitung.

Der studierte Betriebswirt stellte sich im Oktober 2019 der Wahl zum Gemeindekirchenrat der Evangelischen Kirchengemeinde Halberstadt. Als dessen betagter Vorsitzender Dietmar Großmann kürzlich aus gesundheitlichen Gründen kürzertreten musste, übernahm der Mann aus der Wirtschaft den Vorsitz. Martin Oye erlebt, „eine interessante, aber zeitintensive Herausforderung“. Schließlich darf sich das Gremium nicht nur um die Belange der Gemeindeglieder im Schatten des Doms St. Stephanus kümmern. „Wir sind recht heterogen aufgestellt, denn die Ortsteile Klein Quenstedt und Langenstein gehören ebenso dazu. Aber das muss ja kein Nachteil für die Vielfalt kirchlicher Arbeit sein. Ich beobachte ein gutes Miteinander.“ Neben den üblichen Ausschüssen im GKR setze man auf örtliche Beiräte für den Dom, in der Johannis- und Moritzkirche, sowie in Klein Quenstedt und Langenstein. Jedoch wachsen die Herausforderungen immer weiter. Schließlich übernehmen die Halberstädter Pfarrer durch den Wegfall von Stellen auch Verantwortung bis nach Danstedt, im Schachdorf Ströbeck und in Aspenstedt. Verkündigung müsse, betont Martin Oye, weiter im Mittelpunkt stehen. „Das Thema dürfen wir nicht hinten runterfallen lassen. Kirche muss genau dazu fest stehen und nicht nur an einem Image als sozialer Kümmerer arbeiten.“

Er selbst sieht sich als Christ in einem ganz besonderen Spannungsfeld. „In meiner beruflichen Tätigkeit geht es um beständiges Wachstum. Es muss Umsatz generiert werden. Andererseits weiß ich, die Kirchengemeinden werden weiter schrumpfen, und wir sind zum Verwalten dieses Prozesses verpflichtet.“ Doch ihm geht es mehr um das Gestalten. Es steht derzeit nicht konkret auf der Tagesordnung, aber ihm fehlen Konzepte, wie Kirche mit dem Schrumpfen rein praktisch umgehen will. Sollten Gebäude aufgegeben, Pfarrhäuser und Kirchenimmobilien verkauft werden? Das Konzerthaus im benachbarten Wernigerode sehe er als Pilotprojekt mit aller Schmerzhaftigkeit für die dortige Liebfrauengemeinde und aller Freude über die neue Nutzung. Dass seine Gemeinde die Verantwortung für den weltberühmten Domschatz an die Kulturstiftung des Landes übergeben hat, erzeugte bei vielen der 2800 Gemeindegliedern eine tiefe Traurigkeit. „Viele sehen uns im Spannungsfeld zwischen unbezahlbarer Last und Scheitern. Ich erlebe die Zusammenarbeit zwischen uns und der Stiftung durchaus als produktiv. Als es kürzlich um den Sarkophag des Burchards ging, der momentan im Chor steht, folgte die Stiftung der Auffassung des GKR, ihn wieder in seine Gruft herunterzulassen.“ Als Kaufmann weiß er, dass es gut sei, dass die Kulturstiftung den Domschatz in Schuss halte und eine gute wissenschaftliche Aufarbeitung garantiere. Davon profitiere durchaus auch die Gemeinde als Nutzer des Gotteshauses.

Martin Oye, der mit Partnerin und Kind am Rande der Domstadt lebt, ist ein Rückkehrer. „Ich bin in Halberstadt geboren, getauft und konfirmiert.“ Mit 19 Jahren folgte er seinen Eltern nach Baden-Württemberg, genoss eine gute Ausbildung, sang in einem Gospelchor, war beruflich mit für das Auslandsgeschäft seiner Firma zuständig und kehrte nach 13 Jahren als erster der Familie ins heimatliche Halberstadt zurück, weil ihn dort neue berufliche Herausforderungen bei Novoplast Schlauchtechnik lockten. Im GKR sind es nicht minder anspruchsvolle Ziele. Oye sieht: Es gibt eine gute Kinder- und Jugendarbeit. „Bloß nach der Konfirmation kommt ein großes geistliches Loch, das gut mal dreißig Jahre währt. Wo sind die 30- bis 50-Jährigen? Warum verlieren wir die geistliche Komponente von Kirche? Weshalb kommt die Altersgruppe nicht in unsere Hauskreise? Erst in der Seniorenarbeit treffen wir die Menschen wieder. Zu spät, finde ich.“ Als großen Durchbruch sieht der GKR-Vorsitzende die von Pfarrer Arnulf Kaus initiierte Gründung der Pfadfinderschaft. „Plötzlich interessierten sich die Eltern verstärkt für die Gemeindearbeit, manche finden so zum Glauben.“

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Online-Redaktion

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