Kirchenkreis Altenburger Land
Volle Tische, leere Stühle
Eine große Teetasse, aus der es dampft, sollte Sinnbild für die „Warme Stube“ sein, zu der die Kirchgemeinde Meuselwitz im Kirchenkreis Altenburg seit Januar dieses Jahres einlädt.
Von Elke Lier
Noch bis zum 18. April ist sie jeden Dienstag von 16 bis 18 Uhr im Lutherhaus geöffnet. Die Idee für diesen offenen Kaffeetreff hatten Ehrenamtliche des Gemeindekirchenrates und Pfarrerin Ulrike Schulter. Von ihnen wird das Angebot auch betreut. Finanziell gestützt wird es durch das Diakonie-Spendenprogramm “Hilfe vor Ort“, für das die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland 1,23 Millionen Euro zur Verfügung gestellt hat und kirchlich-diakonische Hilfsaktionen fördert.
Angesichts der gestiegenen Energiepreise und der Zurückgezogenheit vieler Menschen als Folge der Corona-Pandemie richtete sich das Angebot „an alle, die sich in Zeiten von Ressourcenknappheit an Leib und Seele einmal aufwärmen wollen“, so die Pfarrerin. Unabhängig von Konfession, Weltanschauung und Alter wirbt die „Warme Stube“ mit Kaffee, Tee, guten Gesprächen, Spielzeug, Basteleien – und natürlich Wärme.
Doch gekommen sei kaum jemand, bedauern die Initiatoren. Woran mag es liegen? Hat man sich nach der Pandemie des geselligen Zusammenseins entwöhnt, zumal vielen Älteren immer noch die Angst vor Ansteckung in den immunschwachen Körpern steckt? Oder hat die Energiepreispauschale des Staates die Heizkosten doch nicht so dramatisch ansteigen lassen wie befürchtet? Vielleicht lag es gar am Winter selbst, der sich erst jetzt im März mit Schnee, Sturm und Kälte zurückgemeldet hat und zu mild war zum Aufwärmen? Tatsächlich haben Wetterkundler zu Beginn des meteorologischen Frühlingsanfangs am 1. März errechnet, dass das Gebietsmittel der Temperaturen in diesem Winter unterm Strich bei 2,9 Grad Celsius und damit 2,7 Grad über dem Wert der international gültigen Referenzperiode von 1961 bis 1990 liegt.
„Menschen lassen sich wohl gerade jetzt schwer einladen zu offenen Treffs, bei denen sie nicht genau wissen, auf was sie sich einlassen"
Die junge Pfarrerin Ulrike Schulter vermutet noch andere Gründe: „Menschen lassen sich wohl gerade jetzt schwer einladen zu offenen Treffs, bei denen sie nicht genau wissen, auf was sie sich einlassen." Außerdem hätten viele immer noch bestimmte Vorstellungen oder Bilder im Kopf, wie Kirche sei. „Zuletzt waren einmal zwei Ältere da, die aber schon Kaffee getrunken und sich nur kurz getraut hatten, drinnen zu bleiben.“
Dabei hat die Wärme spendende fossile Kohle Meuselwitz, die drittgrößte Stadt nach Altenburg und Schmölln in der Region, einst reich und erst zur Stadt gemacht: Ab 1860 wandelte sich der Ort in Ostthüringen im Dreiländereck zu Sachsen und Sachsen-Anhalt zur Industriestadt der Braunkohle und erhielt 1874 das Stadtrecht. Heute leben rund 9500 Einwohner hier, nun vergrößert um 230 ukrainische Kriegsflüchtlinge.
Ulrike Schulter möchte die Anziehungskraft des Lutherhauses erhöhen, indem hier auch eine Ausgabestelle der Altenburger Tafel eingerichtet wird. Die Herausforderung sei aber, sagt sie, dass es den Altenburgern selbst an Lebensmitteln fehle, die sie ausgeben könnten. "Viele derer, die sich gerne ein Essenpaket geholt hätten, sind ukrainische Flüchtlinge.“
Fraglich ist, ob das hilfsbereite Team um die Pfarrerin einen offenen Treff auch in den wärmeren Monaten anbieten wird, da es dazu auch immer die Kraft der Ehrenamtlichen benötigt. Zu einer realistischen Einschätzung gehöre auch, dass solche Angebote Zeit und Weiterempfehlungen brauchten, um sich zu etablieren, so die Pfarrerin. Zuversicht schöpft sie da aus einem Bibelzitat: „Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und Liebe und der Besonnenheit.“
Autor:Online-Redaktion |
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