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Rückblick
»Wir müssen eben raus als Kirche, hin zu den Menschen«

Gottesdienst am Elbufer: Etwa 200 Motorradfahrer versammelten sich vor einem Jahr am Petriförder in Magdeburg zum Bikergottesdienst. Die Kirchentage auf dem Weg waren zeitgleich in Leipzig, Jena/Weimar, Erfurt, Magdeburg, Halle/Eisleben und Dessau-Roßlau.  | Foto: epd-bild
  • Gottesdienst am Elbufer: Etwa 200 Motorradfahrer versammelten sich vor einem Jahr am Petriförder in Magdeburg zum Bikergottesdienst. Die Kirchentage auf dem Weg waren zeitgleich in Leipzig, Jena/Weimar, Erfurt, Magdeburg, Halle/Eisleben und Dessau-Roßlau.
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Mein Rückblick auf den Kirchentag auf dem Weg in Magdeburg – Mai 2017.

Von Stephan Hoenen

Fünf Uhr. Gebet zum Sonnenaufgang. In der Morgendämmerung bin ich noch etwas müde nach dem Himmelfahrtsabend, der mich so begeistert hat. Ökumenischer Gottesdienst und Willkommensabend liefen mit mehr als 3 000 Besuchern ansteckend fröhlich in wunderbarer Kirchentagsstimmung ab. Die Kirchengemeinden haben eingeladen, liebevoll waren die Tische gedeckt und vielfältiges Essen zubereitet. Jetzt im Rosengarten am Elbufer zähle ich gerade 12, da kommt noch eine Gruppe Konfirmanden aus Meiningen. Sie haben sich aus dem einzigen Gemeinschaftsquartier in der Stadt so früh auf den Weg gemacht. Ich bin echt gerührt. Danach frühstücken mein Frau und ich auf der Schifferkirche mitten in der Elbe. Großartig, die sind extra aus Hamburg gekommen. Sie freuen sich über die gute Resonanz.
Im Kulturhistorischen Museum begrüße ich wenig später den Rabbiner Sajatz, der eine engagierte Bibelarbeit hält. Rückfragen sind bei den etwa 35 Teilnehmern leicht möglich. Gespräche entwickeln sich. Klasse – denke ich – dass die Stadt und die Museen, Kunst- und Kulturleute den Kirchentag unterstützen. Mit dem Fahrrad fahre ich zum Orga-Team. Herr Günther und die Ehrenamtlichen dort haben sich extra Urlaub für diese Tage genommen. Bloß der Kartenverkauf vor Ort ist mager – 20 000 war einfach zu hoch angesetzt. Wir beraten die Sicherheitslage. Die Polizei wird am Abend die Leute, die zur Inszenierung kommen werden, nur per Kontrolle ans Elbufer lassen. 6 000 werden es dann sein, die einen beeindruckenden Abend mit Licht, Musik, Schiffen und Schauspiel aus Magdeburgs Geschichte erleben werden.
Ich fahre zum Dom, ein Reporter vom Deutschlandradio will mich dort sprechen. Im Dom wird gerade zum Thema Frieden diskutiert. Ein Manifest entsteht, das streitbar Beachtung finden wird. Gesprächstermin: Er habe Kunden im Alleecenter gefragt, was sie vom Kirchentag mitbekommen: Nichts. Und warum wir das Thema Kinderarmut übergehen. Ich erkläre ihm, dass ein Kirchentag davon lebt, dass sich Menschen einbringen mit ihren Themen. Warum nicht zu Kinderarmut? Würde gehen. Aber zum Kirchentag auf dem Weg anlässlich des Reformationsjubiläums haben sich bei uns die Themen Frieden und neue Medien angeboten. Sie haben einen Bezug zu Magdeburg als »Unsers Herrgotts Kanzlei« und als in zwei Kriegen zerstörte Stadt: 1631 und 1945. Ja, schade, dass weniger kommen als gedacht. Wir müssen eben raus als Kirche, hin zu den Menschen. Das ist mühsam und Tickets sind auch nicht hilfreich. Im Übrigen würde ich jetzt los wollen, um mit der Ökumenischen Bigband vor dem Allee­center ein bisschen Straßenmusik zu machen. Meine Antworten hat er nicht gesendet.
In der nachmittäglichen Hitze fahre ich dann mit dem Rad zur Jugend. In den Zelten und im Schatten sind einige Kinder und Jugendliche. Es wirkt ein bisschen zu still, ich spüre Enttäuschung bei den Mitwirkenden. Einige Konfis aus der Altmark berichten aber auch von einem coolen Graffiti-Workshop, den sie besuchten – der war voll.
Zurück in der Oase der Seelsorger an der Wallonerkirche, werde ich wieder etwas aufgebaut. Dort höre ich auch von dem interessanten Projekt »Twittergottesdienst«. Ich schaue mir auf Youtube gleich mal einige TwiGo-Ausschnitte an: Ach, so funktioniert das. Ein Kirchenältester kommt vorbei und ruft mir zu: Den Willkommensabend – den machen wir doch wieder. Ich antworte lachend: Da hängt aber ein ganzer Kirchentag dran. Aber probieren können wir’s ja mal. Vielleicht in zwei Jahren? 2019! – Dankbar bin ich für solch engagierte Haupt- und Ehrenamtliche.
An zahlreichen Helfern vorbei und durch die Polizeikontrolle gehe ich abends ans Elbufer: Ich spüre, wie die Menschen mitgenommen werden in die Geschichte der Reformation vor 500 Jahren. Gut, denke ich, dass es heute anders ist: Ohne konfessionellen Kampf – dafür ökumenisch und weltoffen.

Der Autor ist Superintendent in Magdeburg.

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