Letzte Unruhe
Zwischen Glaubensregeln und Rechtsvorschriften
Vor wenigen Wochen hat die Stadt Eisenach mit dem islamischen Kulturzentrum eine Vereinbarung zur Bestattung islamischer Glaubensangehöriger auf dem Hauptfriedhof unterschrieben.
Doris Weilandt
„Alle Menschen, ganz gleich, welchen Glauben sie praktizieren, müssen ein Anrecht auf eine Bestattung haben, die ihrer Religion gerecht wird“, sagte Bürgermeister Christoph Ihling bei der Unterzeichnung. Voraussichtlich ab 2024 können Muslime dort auf einem eigenen Grabfeld bestattet werden. Die Voraussetzung: Sie müssen Eisenacher Bürger sein.
Bisher sind in Thüringen nur in wenigen Städten auf kommunalen Friedhöfen muslimische Grabfelder angelegt worden: in Jena, Erfurt, Nordhausen, Sonneberg, Weimar und Gera. Das Geraer Grabfeld ist bereits voll belegt und kann nicht mehr genutzt werden. Ein neues zu finden, ist schwer. Die islamischen Riten schreiben "jungfräuliche Erde" vor.
Der Nordfriedhof in Jena ist derzeit der einzige, auf dem es keine Beschränkung zum Herkunftsort der Toten gibt. Seit 2017 werden Muslime aus ganz Thüringen dort bestattet. „Islamische Vereine sind auf uns zugekommen“, erzählt der Direktor der Städtischen Friedhöfe, Bertram Flößner. Nach zwei Jahren waren die Voraussetzungen geschaffen, und ein Vertrag konnte unterschrieben werden. Ein Raum im neuen Krematorium wird für die rituellen Waschungen vor der Bestattung genutzt. Auf dem Grabfeld ist die Zahl der Gräber schnell auf fast 100 angewachsen, ein Drittel davon Kinder. Das besorgt Flößner.
"Das Nicht-Pflegen von Gräbern aber steht im Gegensatz zu unserer Friedhofskultur"
Imam Housam Zakkour führt islamische Bestattungen durch und kennt die Schwierigkeiten, die dabei überwunden werden müssen. Nach den Regeln ihrer Religion müssen die Toten innerhalb von 24 Stunden bestattet werden. Das ist in Deutschland formal nicht möglich, und das Thüringer Bestattungsgesetz schreibt zudem mindestens 48 Stunden bis zur Beerdigung vor. „Das ist sehr schwer für die Angehörigen“, resümiert Zakkour. Meist dauert es eine Woche, bevor alle Papiere beisammen sind.
Über die Frage, ob die Grablegung in einem weißen Leichentuch, wie es der Islam vorschreibt, vorgenommen werden darf oder im Sarg, gehen die Meinungen auseinander. Auch die EKM hat sich Mitte März auf dem Fachtag „Friedhof“ mit dem Thema Bestattung im Leichentuch befasst. „Vorausgesetzt, die landesrechtlichen Bestattungsregelungen lassen es zu und der jeweilige Friedhofsträger hat entsprechend beschlossen, sind grundsätzlich Bestattungen im Leichentuch und damit muslimische Bestattungen bei uns möglich", so Eva Maria Eggers. Die Referentin für Friedhofswesen im Landeskirchenamt der EKM erklärt weiter, dass es den Friedhofsträgern dabei selbst überlassen sei, ob sie Bestattungen im Leichentuch an sich zulassen oder aber eigene Grabfelder für Muslime errichteten.
Der Fachtag habe gezeigt, dass große Schwierigkeiten bestünden, sowohl ein "jungfräuliches" Grabfeld bereit zu stellen, als auch "Ewigkeitsrecht" zu gewähren, das der Islam vorschreibt. Die EKM sieht zudem Reibungspunkte in der unterschiedlichen Auffassung zur Pflege der Gräber. Die Natur gelte im Islam als Eigentum Gottes. "Das Nicht-Pflegen von Gräbern aber steht im Gegensatz zu unserer Friedhofskultur", betont Eggers. Diese sei immerhin immaterielles Kultur-erbe. Sie empfiehlt deshalb auch eigene Grabfelder wie die auf kommunalen Friedhöfen in den bereits erwähnten Thüringer Städten.
Autor:Online-Redaktion |
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