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Neue Männer braucht das Land
... und findet sie in der Kirche

Facettenreiche Männerarbeit: Von Seminaren für Väter mit ihren Kindern bis zum Sargbaukurs reicht das Angebot. | Foto: epd-bild/imagebroker/F.Bachmeier
  • Facettenreiche Männerarbeit: Von Seminaren für Väter mit ihren Kindern bis zum Sargbaukurs reicht das Angebot.
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Die Corona-Pandemie ist die ideale Zeit für neue Ideen» – diese Erfahrung macht der Männerreferent der Evangelischen Kirche der Pfalz, Gerd Humbert.

Jens Bayer-Gimm

Viele Männer machten sich Sorgen um die Existenz, stellten Fragen nach der Zukunft. Humbert hat derzeit neun Männergruppen über Zoom organisiert und kann sich vor Zulauf kaum retten. Ob Meditieren oder Väter-Coaching: «Ich könnte jeden Monat eine neue Gruppe gründen.» Die Bedürfnisse von Männern prallen aber oft an Kirchenmauern ab.

Männer wollten nicht einfach etwas vorgesetzt bekommen. «Sie wollen einen Dialog über Existenzfragen, und sie wollen selbst organisieren.» Das taten evangelische Männer vor 75 Jahren: Nach Diktatur, Krieg und Zusammenbruch trafen sich vom 2. bis 4. Mai 1946 Vertreter aus vielen Landeskirchen. Mitglieder des früheren NS-nahen Deutschen Evangelischen Männerwerks und des Männerdienstes der oppositionellen Bekennenden Kirche gründeten die Männerarbeit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Ihr Ziel: «Verloren gegangene Lebensgrundlagen in der Kirche aufzubauen und sie als moralisches Grundgerüst einer neuen Gesellschaft zu installieren».

Inzwischen hat die Männerarbeit sich gewandelt: «Männerarbeit ist dort am erfolgreichsten, wo sie der Persönlichkeitsentwicklung Raum gibt und sich zu gesellschaftspolitischen Fragen äußert», heißt es in einer Positionsbestimmung von 2016. Dies aber in einem «gehörigen Abstand zu kirchlichen Organisationsformen», denn: «Es fehlt an Teilhabemöglichkeiten von Männern am kirchengemeindlichen Leben.» «Es ist widersprüchlich», gibt der Vorstandsvorsitzende der EKD-Männerarbeit, Gerd Kiefer, zu: «Männer stehen nicht im Fokus der kirchlichen Arbeit, obwohl sie an vielen Stellen die Schalter in der Hand haben.» Tatsächlich ernte er bei einem Bericht über seine Arbeit vor kirchlichen Gremien «oft ein gewisses Lächeln oder Grinsen». «Da gibt es Vorstellungen von Stammtischrunden von vorgestern.» Die tatsächlichen Angebote sehen anders aus und stoßen auf großen Zuspruch.

Zu Oasentagen, Mountainbiken mit geistlichen Impulsen oder Bibliodrama kämen viele Teilnehmer, berichtet der bayerische Referent für Männerarbeit, Pfarrer Günter Kusch. Männer wollten raus in die Natur, an eigene Grenzen gehen, selbst etwas herstellen. Ein Renner ist Kuschs Sargbaukurs, Gespräche über existenzielle Fragen ergäben sich dabei von alleine.

Ralf Schlenker, Männerpastor für Mecklenburg und Pommern, bestätigt das Bedürfnis von Männern nach Spiritualität in der Natur: Ob ein Sensen-Seminar, Kanutouren mit einem biblischen Thema, ein Wochenende mit einem Jäger auf Pirsch – der Zulauf sei groß, abgesehen von der Unterbrechung in der Corona-Pandemie. Dabei könne es zu berührenden Erfahrungen kommen. So habe nach der Vorführung des Films «Die Hütte» ein Freizeitteilnehmer vom Sterben seines Sohnes erzählt – «und die anderen haben ihn getragen», berichtet Schlenker. «Dass sich einer vor 20 anderen offenbart, ist nicht selbstverständlich.»

Die Männerarbeit stehe nicht in Konkurrenz zur Frauenarbeit, sondern habe dieser viel zu verdanken, erklärt Vorstandsvorsitzender Kiefer. Frauen hätten die Anstöße gegeben, über Geschlechterrollen nachzudenken. Inzwischen sind die Männer- und die Frauenarbeit in der EKD unter steigendem Spardruck zusammengerückt: Sie gründeten 2016 das Evangelische Zentrum Frauen und Männer gGmbH in Hannover. Jedoch sähen die EKD-Sparpläne eine Schließung des Zentrums bis 2030 vor, sagt Kiefer.

Frauen zollen der Entwicklung der evangelischen Männerarbeit Respekt. Diese habe «das Toxische» am traditionellen Männlichkeitsbild erkannt, sagt die Geschäftsführerin des Evangelischen Zentrums Frauen und Männer, Eske Wollrad. Das alte Männerbild verbinde Privilegien mit Druck und Zwängen. Die Männerarbeit hingegen habe neue Formen der Männlichkeit entwickelt. «Die Kirche hat nur eine Zukunft, wenn sie auch Männern eine Zukunft bietet», ist Pfarrer Kusch überzeugt. Männerthemen wie Beruf, Sport, Familie, Gesundheit, Umwelt, Kultur bereicherten auch die Kirche. Einige Aktive überlegen, für die Fortführung der Arbeit jenseits der Kirche einen Verein zu gründen, wie Referent Humbert berichtet. «Mit kreativen Formen sieht die Zukunft der Männerarbeit rosig aus.»

(epd) 

Autor:

Online-Redaktion

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