Kinder und Kirche
Bobbycar-Rennen rund um den Altar
Raum für Kinderbetreuung ist vielerorts Mangelware. Indes stellen sinkende Mitgliederzahlen, immer weniger Gottesdienstbesucher und steigende Kosten für Erhalt und Unterhalt von Gebäuden die Kirchengemeinden vor Herausforderungen.
Von Brigitte Bitto
In der evangelischen Kirchengemeinde am Tegernsee in Bayern hat man sich daher etwas einfallen lassen: Die Kirche in Kreuth soll zur Kita umgebaut werden und bleibt Kirche. Der Kirchenraum der Emmaus-Kirche selbst solle im Kita-Alltag mitgenutzt werden, erläutert Pfarrer Martin Weber. Dann wird also auf dem Altar gebastelt, neben dem Taufbecken Lego gebaut und vor der Kanzel gepuzzelt.
Und wenn die Gemeinde in dem 1956 erbauten modernen Sakralbau mit asymmetrischem Giebel Gottesdienst feiern will? «Dann werden die Sachen einfach zur Seite gestellt», sagt der Pfarrer. Denn vielen Einheimischen und Gästen sei «ihre» Emmauskirche nach wie vor wichtig. «Und das soll sie auch bleiben.» Die Kirche werde nicht entwidmet – ihre Nutzung wird erweitert. Besonders biete sie sich dann natürlich für Kinder- und Familiengottesdienste oder für Taufen an, sagt der Pfarrer.
Damit alles, was es für einen Kindergarten braucht, genügend Platz findet, bekommt das Gebäude einen Anbau. Eine erste Schätzung der Baukosten liegt bei 1,3 Millionen Euro. Die Gemeinde wird davon etwa 200 000 Euro selbst stemmen müssen. Unterkommen soll in dem Gebäude eine Gruppe für zwölf Kinder von null bis drei Jahren. Die Gemeinde hat Erfahrung in Sachen Kinderbetreuung: Acht Kitas hat sie in den vergangenen 15 Jahren gemeinsam mit den Kommunen im Tegernseer Tal aufgebaut. Trotzdem sind die Wartelisten lang.
Kirchen dagegen gebe es im Tal mehr als genug, sagt Weber: insgesamt fünf evangelische und elf katholische. Auch dank der heutigen Mobilität werde da die Emmauskirche «nicht mehr so intensiv benötigt wie vor 50 Jahren». Kreuths Bürgermeister Josef Bierschneider hat selbst schon als kleiner Junge an der Glockenschnur der Emmauskirche gezogen. Er freue sich, dass das Gotteshaus mit Blick auf die Berge nun dazu beitragen könne, den Notstand an Krippenplätzen im Tal zu mildern.
Wie der Umbau des hellen Raumes mit vielen hohen Fenstern, weißen Wänden und schlichter Ausstattung im Detail aussehen wird, dazu gibt es noch viel zu klären. Altar, Taufbecken, Kan-zel – all das soll in das Raumkonzept für die spielenden Kinder integriert werden. Auf der Empore sollen Büro und Lager entstehen, die Sakristei vermutlich zum Schlafbereich werden, sagt Weber, und der Altarraum zum Entspannungsbereich mit vielen Kissen und Decken. Toiletten und Küche kommen wohl in den Anbau. Die Wand hinter dem Altar soll weichen – damit die Kinder direkt in den Garten kommen und Gottesdienstbesucher freien Blick auf die Berge haben.
«Das ganze Projekt ist gut biblisch», sagt Pfarrer Weber: Schon im Urchristentums sei es völlig normal gewesen, dass in Wohnhäusern und anderen Plätzen des normalen Lebens Gottesdienst gefeiert wurde. «Eigene Kirchen gab es da nicht, es war selbstverständlich, dass am selben Ort gelebt und geglaubt wurde.»
(epd)
Autor:Online-Redaktion |
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