Pornoportale und Gaming-Branche profitieren
Digitale Nebenwirkungen
Um rund 25 Prozent stiegen in Corona-Zeiten die Zugriffe auf das Internet-Pornoportal Pornhub, das regelmäßig Statistiken veröffentlicht und im ersten Lockdown auch das Bezahlangebot gratis machte. Zur Dimension: Die Webseite wurde 2019 weltweit 42 Milliarden Mal geklickt, die Deutschen sind unter den Top-Nutzern. Konkurrent XHamster liegt im deutschen Webseiten-Ranking derzeit noch weiter vorn, auf Platz elf – vor Twitter oder Paypal.
Auch Gaming boomt. Etwa 40 Prozent mehr Geld investierten Gamer im ersten Halbjahr 2020 in Videospiele, zeigen Marktstudien. Der Branchenverband «Games» feierte mit 3,7 Milliarden Euro ein 27-prozentiges Umsatzplus am deutschen Markt. Vor allem investierten Menschen mehr Zeit: Die Bildschirm-Spielzeit von Kindern und Jugendlichen stieg im ersten Lockdown stark an, wie eine Studie der Krankenkasse DAK zeigt. Die Bundesdrogenbeauftragte Daniela Ludwig (CSU) warnt deshalb vor «verstärkter Mediensucht». Dass Zuhausebleiben im Kampf gegen Corona erwünschtes Verhalten ist, die Arbeitswelt in großen Teilen online und allein stattfindet, macht es für suchtgefährdete Menschen sehr schwer, sagt Jan Dieris-Hirche, Leiter der Mediensuchtambulanz der Uniklinik Bochum. Die Ablenkung durch das jeweilige Suchtmittel lauert häufiger, und es fehlt die soziale Kontrolle.
Lange Nutzungszeit bedeutet nicht automatisch Sucht, aber sie gefährdet. Mediensüchtige können die Gedanken nicht vom Suchtmittel lösen und konsumieren trotz «realer sozialer Folgen» weiter. Sie schaffen Arbeit oder Abschluss nicht oder verlieren Partner wegen Pornos, denen sie nicht widerstehen konnten. «Die Folgen der Pandemie für Mediensucht wird man erst später richtig sehen», sagt Suchtforscher Dieris-Hirche. Die Gruppen der Bochumer Ambulanz inklusive Wartelisten sind schon jetzt voll. Die Pandemie mache auch die Behandlung schwer: «Man würde den Menschen ja zu sozialem Kontakt raten und zum Beispiel Gamer darin bestärken, ihren Spieltrieb anders auszuleben, etwa Kampfsport auszuprobieren oder Theater», sagt Dieris-Hirche. Er sieht aber auch Chancen: «Vor Corona war es ein Widerspruch, online Beratung für Mediensucht anzubieten.» Sein Forschungsteam arbeitet nun mit einem Online-Motivationsprogramm.
(epd)
Autor:Online-Redaktion |
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