Eltern-Kind-Entfremdung
Genug Tränen: Andacht im Dom Magdeburg
Anlässlich des Internationalen Tages gegen Eltern-Kind-Entfremdung am 25. April lädt ein Netzwerk aus Selbsthilfegruppen und Familienverbänden zu einer Andacht im Magdeburger Dom mit Pfarrer Oliver Behre aus Zörbig ein.
Von Thorsten Keßler
Eltern-Kind-Entfremdung werde in der Öffentlichkeit wenig wahrgenommen, sagt Behre. Verschiedene Initiativen haben das Thema auf ihre Agenda gesetzt. Behre selbst engagiert sich in Halle in der Initiative Väteraufbruch. „Ein bisschen Spezialseelsorge, das heißt, ich begleite Väter, auch Mütter, die ihre Kinder nicht bei sich haben können, weil der andere Elternteil das nicht wünscht und dagegen arbeitet.“
Schätzungen zufolge verlieren nach Trennung oder Scheidung der Eltern pro Jahr rund 40 000 Kinder in Deutschland den Kontakt zu einem Elternteil. Theoretisch und im Idealfall ist der Umgang der Eltern mit Kind oder Kindern geregelt. Die Frage sei, ob der Umgang dann auch umgesetzt werde, sagt Behre. Unter Umständen gebe es zwar gerichtliche Titel, aber das bedeute nicht, dass Jugendämter oder Gerichte handeln. „Wenn ein Elternteil es darauf anlegt, das Kind dem anderen Erziehungspartner abspenstig zu machen, passiert in der Regel erstmal gar nichts.“
Der Grund, das gemeinsame Kind dem anderen Elternteil zu entziehen, kann Rache sein, das Verhalten kann auch über Generationen vererbt worden sein. Die Methoden, um die Entfremdung voran zu treiben, reichen vom Schlechtreden des anderen Elternteils über verbale oder nonverbale Kommunikation, dass man nicht möchte, dass das Kind die oder den anderen besucht, bis dahin, dass dem Kind deutlich gesagt wird, es gebe jetzt eine neue Mama oder einen neuen Papa.
"Im Prinzip handelt es sich um psychischen Missbrauch“, findet Oliver Behre. „Das führt beim Kind zu einem Loyalitätskonflikt und letztlich zur Entscheidung gegen einen Elternteil.“ Aber auch beim entfremdeten Elternteil könne die Situation zum Trauma werden, denn „nichts ist schlimmer, als ein Kind zu verlieren, um das man sich gerne kümmern möchte.“
Betroffen von Entfremdung sind meistens die Väter. Oliver Behre und der Verein Väteraufbruch in Halle wenden sich explizit auch an betroffene Mütter. Schon länger werde darüber diskutiert, den Vereinsnamen so anzupassen, dass Elternteile unabhängig vom Geschlecht angesprochen werden. Es geht nicht um Väter oder Mütter, die sich aus freien Stücken nicht kümmern oder den Kontakt abbrechen. Für Oliver Behre steht das Wohl des Kindes im Mittelpunkt. „Wir sollten darüber reden, wie es gelingen kann, dass Kinder trotz Trennung oder Scheidung gemeinsam von beiden erzogen werden.“
Der Tag der Eltern-Kind-Entfremdung komme ursprünglich aus Kanada, sagt Oliver Behre. „Dort müssen Eltern bei Trennung oder Scheidung verpflichtend eine Art Fortbildung machen, bei der geholfen wird, dass beide Elternteile für das Kind verantwortlich bleiben können.“ Im Aktionsbündnis „Genug Tränen“ haben sich Initiativen und Vereine zusammengeschlossen und eine Petition gestartet, um Druck auf Politik und Behörden zum Wohle der betroffenen Kinder auszuüben.
Die Abendandacht im Magdeburger Dom am 25. April um 17.30 Uhr steht unter der Losung „Ich sehe meine Kinder nicht mehr. Darunter leide ich sehr."
Autor:Online-Redaktion |
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