«Freizeit-Helden»: Wo Vereine und Helfer zusammenfinden
Jung, beschäftigt, sucht Ehrenamt
Die junge Generation hat keine Zeit, sich zu engagieren. Schon gar nicht regelmäßig. Ehrenämter also unmöglich? Das Gegenteil beweist «Freizeit-Helden». Auf der Website finden Vereine und Helfer zusammen.
Ich, ich, ich: Glaubt man Sozialwissenschaftlern und Medien, ist die junge Generation außerordentlich egoistisch. Kein Wunder also, dass viele Vereine den Mangel an jungen Freiwilligen beklagen? Die Gründer von «Freizeit-Helden» vermuteten den Grund für fehlendes Engagement woanders: «Wir dachten uns: Junge Leute werden oft nicht richtig angesprochen», sagt Mitgründerin Kinza Khan. Ein Aspekt ist dabei: Für langfristiges Engagement steht ihnen nicht unbedingt der Sinn.
«Neben dem Bachelor-Studium hat man wenig Zeit, um zum Beispiel auch noch Schatzmeister bei einem Verein zu sein», erklärt Khan. Die Lösung der drei Gründer, damals noch Stipendiaten der Friedrich-Ebert-Stiftung: kurze Projekte statt langfristigen Engagements. «Dann ist die Hürde, sich zu engagieren, einfach nicht so groß.» Andere Plattformen im Netz vermitteln vor allem dauerhafte Ehrenämter.
«Freizeit-Helden» ermöglicht es Freiwilligen im Rhein-Main-Gebiet seit 2011, sich spontan und vor allem flexibel zu engagieren – und scheint damit einen Nerv getroffen zu haben. Kürzlich wurde das Projekt von der Stadt Frankfurt ausgezeichnet.
Auch Rainer Hub, zuständig für Freiwilliges soziales Engagement und Freiwilligendienste bei der Diakonie, beobachtet, dass sich junge Menschen immer öfter in zeitlich begrenzten Projekten engagieren und einem Engagement nicht mehr so dauerhaft wie früher verbunden sind. Das Zeit- und Aufgabenkorsett sei zunehmend enger geworden: «Schul-und Bildungsverdichtung wirken hier hemmend», erklärt der Experte.
Neben dem zeitlichen Aspekt ging es den «Freizeit-Helden»-Gründern auch um eine geeignete Ansprache: «Wir sind ›Generation Facebook‹, und genau da wollen wir ansetzen», erklärt Khan. Freiwillige können auf der Website direkt nach einem passenden Projekt suchen. Auch in den sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter ist «Freizeit-Helden» aktiv. «Die Institutionen können ihre Projekte einfach selbst inserieren», sagt die Mitgründerin. Bei ihrer Suche können die Interessierten dann aus unterschiedlichen Kategorien wählen: Ältere Menschen, Arbeiten von zu Hause, Flüchtlingshilfe, Handwerk, Kinder, Menschen mit Behinderung, Sport und Tiere. Die Auswahl reicht von Spielekonsolen-Wettbewerben im Seniorenheim über inklusive Sportfeste bis zu Theaterfestivals.
Direkt loslegen kann man allerdings noch nicht: Pflicht sind eine Registrierung und die sogenannte Heldenrunde. «Bei dem persönlichen Treffen lernen wir die Interessierten kennen und erklären ihnen: Was heißt soziales Engagement, was sind meine Rechte, was meine Pflichten?» Danach werde das Profil des Freiwilligen freigeschaltet und er könne sich direkt für das gewünschte Projekt anmelden. Interessenten kämen von selbst: «Sie kommen und kommen und kommen.»
Unter ihnen sind die unterschiedlichsten Menschen, wie Khan erzählt. So seien junge Studenten, aber auch gut situierte Juristen und Banker dabei, die wegen ihres Jobs kaum Zeit hätten. Eins lasse sich aber festhalten: «Es sind fast alles Menschen, die neu hierher gezogen sind.» Neben sozialem Engagement suchten sie oft auch Anschluss. Den finden sie auch bei den regelmäßigen Schulungen und Stammtischen, die «Freizeit-Helden» ebenfalls organisiert.
In den vergangenen sechs Jahren gewann die Plattform zahlreiche Preise, zuletzt war sie unter den Gewinnern der «Google Impact Challenge». Am Mittwoch nahm das Team den Frankfurter Bürgerpreis der Stadt und der Stiftung der Frankfurter Sparkasse entgegen. Das 15-köpfige Team der «Freizeit-Helden» ist ehrenamtlich tätig: «Das bringt einen neben einem Vollzeitjob schon an seine Grenzen», gibt Khan zu. «Es gab sicher auch Phasen, an denen wir kurz vorm Aufgeben standen, weil die Arbeit zu viel wurde.» Doch dann hätten sie sich die Anmeldezahlen angeschaut und gedacht: «Wir können jetzt nicht aufhören.»
Ein anderes Problem war anfangs, dass die Vereine das Konzept teilweise nicht verstanden. Zum einen gab es technische Unklarheiten – schließlich war die Plattform auf die Bedürfnisse und das technische Verständnis der jüngeren Generation ausgerichtet. Auch die enge Verknüpfung mit den sozialen Medien schreckte einige Vereine ab. Sie hatten von Menschenmassen gehört, die ungebeten zu Veranstaltungen erschienen, zu denen auf Facebook und Co. eingeladen wurde. «Wir mussten viel Erklärungsarbeit leisten», erinnert sich Khan.
Heute bekommt «Freizeit-Helden» auch von Unternehmen und Schulen Anfragen. «Wir nehmen wahr: Soziales Engagement ist nicht eingestaubt, sondern funktioniert in jeder Gesellschaftsschicht», sagt Khan.
Lynn Osselmann (epd)
Autor:Online-Redaktion |
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