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Reden über den Tod
Oma sitzt nicht auf der Wolke

Kinder springen in die Trauer wie in eine Pfütze – und wieder heraus. Eltern unterstützen ihre Kinder in dieser Zeit am besten, sagen Experten, indem sie auf ihr Bauchgefühl hören und gute Geschichten vorlesen.  | Foto: Foto: Lukassek – stock.adobe.com
  • Kinder springen in die Trauer wie in eine Pfütze – und wieder heraus. Eltern unterstützen ihre Kinder in dieser Zeit am besten, sagen Experten, indem sie auf ihr Bauchgefühl hören und gute Geschichten vorlesen.
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Vielen Eltern fällt es schwer, mit ihren Kindern über den Tod zu sprechen. Worauf es ankommt, weiß Moderator Ralph Caspers. Er hat über Kinderfragen rund um den Tod ein Buch geschrieben.

Von Tilmann P. Gangloff 

Früher oder später werden Kinder mit dem Tod konfrontiert. Die meisten Eltern finden intuitiv die richtigen Worte, wenn etwa die Großmutter gestorben ist, aber viele fühlen sich in solchen Fällen auch hilflos und wissen nicht, wie sie die schlechte Nachricht überbringen sollen.

Am wichtigsten sei es, die Wahrheit zu sagen, rät Ulrich Ritzer-Sachs, «und zwar völlig unabhängig vom Alter der Kinder: Deine Oma ist tot.» Der Diplom-Sozialpädagoge ist Koordinator für die Foren der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung. Auf keinen Fall dürfe man drumherum reden, das merkten Kinder sofort: «Die Oma sitzt jetzt auf einer Wolke und schaut auf dich herab – das ist zwar ein schönes, aber auch ein falsches Bild.»

Andererseits sollten Eltern natürlich nicht schonungslos oder grausam sein. Deshalb müsse man sich gut auf so ein Gespräch vorbereiten und sich vorher überlegen, was man antworten könnte, wenn die Kinder wissen wollten, was mit den sterblichen Überresten passiere oder ob die Seele des Verstorbenen weiterlebe.
Ein neuer Ratgeber zu Tod und Trauer stammt ausgerechnet von dem wegen seiner launigen Sprüche beliebten TV-Moderator Ralph Caspers («Die Sendung mit der Maus», «Wissen macht Ah!»). In «Wenn Papa jetzt tot ist, muss er dann sterben?» beschreibt Caspers typische Situationen, in die Eltern geraten können, wenn sie mit ihren Kindern über den Tod sprechen. Er berücksichtigt alle nur denkbaren Aspekte des Themas – inklusive eines Kapitels über Verwesung: «Kinder sind neugierig, man muss damit rechnen, dass sie wissen wollen, was mit dem Leichnam geschieht», sagt Caspers.

Er weiß, wie es sich anfühlt, wenn man jemanden verliert: Als sein Vater starb, war er gerade 15 Jahre alt. Mit dem Verlust, sagt Caspers, habe er damals mehr oder weniger allein klarkommen müssen.
Heute ist er Botschafter des Kölner Vereins für Trauerbegleitung «Traube». Kinder, erläutert der Moderator, «springen in die Trauer wie in eine Pfütze und können sich schon einen Moment später mit etwas völlig anderem beschäftigen. Für Erwachsene ist das oft irritierend.» Auch die Frage nach der Seele beantwortet er mit einem Bild: «Der Körper ist der Handschuh, also eine Hülle, aus der sich die Seele beim Tod eines Menschen zurückzieht.»

Wie man auf Kinderfragen nach dem Weiterleben nach dem Tod oder die Seele antworte, hänge natürlich auch davon ab, welche Vorstellung man selber habe, sagt Ritzer-Sachs: «Es ist völlig in Ordnung, den Kindern zu gestehen, dass man das nicht mit Gewissheit weiß, aber zum Beispiel fest daran glaubt, dass es eine Art Leben nach dem Tod gibt», erklärt er. «Gläubige haben es in solchen Fällen leichter, aber irgendeine Form von Spiritualität haben ja sehr viele Menschen.»

Ritzer-Sachs, der auch als Erziehungsberater für das Diakonische Werk Worms-Alzey arbeitet, empfiehlt zudem, gemeinsam mit Kindern Bücher zu dem Thema zu lesen. Als erstes kommt ihm «Die Brüder Löwenherz» von Astrid Lindgren in den Sinn – «eine tolle Geschichte, auch wenn die verstorbene Oma nach ihrem Tod eher nicht mit Pfeil und Bogen in einem Fantasieland für Gerechtigkeit sorgen wird.» Er glaubt: «Viele Eltern werden bestimmt weinen, wenn sie solche Geschichten vorlesen, schließlich haben sie ja auch selbst einen Verlust erlitten, aber das ist völlig in Ordnung.» Wichtig sei aber, dass die Eltern die Bücher erst mal selber lesen.

Kinder vor dem Themenkomplex Tod und Sterben zu «beschützen», sei unmöglich, erst recht wenn sämtliche Medien etwa nach Katastrophen, Terroranschlägen oder während der Corona-Pandemie viel vom Sterben berichteten. Auch in solchen Fällen hält es der Sozialpädagoge für entscheidend, bei der Wahrheit zu bleiben und nichts zu beschönigen: «Bei Corona sollte man den Kindern klar machen, dass sich das Virus bei den meisten Betroffenen nicht schlimmer als eine Erkältung auswirkt. Doch es gibt eben auch Menschen, die daran sterben.»

Genauso wichtig sei aber auch der Hinweis auf die vielen Hilfskräfte, die sich dafür einsetzten, dass die Erkrankten wieder gesund würden. In der Regel, ist Ritzer-Sachs überzeugt, reagierten Väter und Mütter genau richtig, wenn sie in solchen Gesprächen auf ihren Bauch hörten: «Niemand kennt Kinder besser als die eigenen Eltern.»

Warum sich viele Eltern so schwer damit tun, über das Sterben zu sprechen, das hängt nach Ansicht von Ralph Caspers auch mit eigenen Ängsten zusammen: «Wenn ich über den Tod spreche, denke ich unweigerlich auch darüber nach, was mit mir selbst passiert, wenn ich sterbe; und was aus den geliebten Menschen wird, die ich hinterlasse.» Es mache traurig, sich mit solchen Fragen zu beschäftigen – doch es sei wichtig, sich auf Trauer einzulassen. «Denn nur dann wird man erkennen: Das geht auch wieder vorbei.»

(epd)

Autor:

Online-Redaktion

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