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Rezension
Robuste Nabelschnur

Foto: Penguin Random House

Solange sie lebt, gehört die eigene Mutter meist wie selbstverständlich zu unserem Leben dazu. Wenn sie dann aber eines Tages nicht mehr da ist, ändert sich das Lebensgefühl grundlegend.

Angelika Prauß

"Wenn die eigene Mutter stirbt, ist das ein tiefer Einschnitt – egal, wie gut oder schlecht die Beziehung war", stellt Britta Buchholz fest.

Buchholz ist 31 Jahre alt, als ihre 30 Jahre ältere Mutter an Krebs stirbt. Zu früh, findet die Journalistin und Buchautorin, die dieser Tod erschüttert und verzweifeln lässt. Buchholz fühlte sich mutterseelenallein, wurde von "einer geborgenen Tochter zu einer Tochter ohne Mutter". Über den schwierigen Trauerweg und ihre Selbstfindung hat Buchholz ein berührendes Buch geschrieben. Sie brauchte mehrere Jahre, um sich neu zu sortieren; besuchte ein Kloster, war Teil einer Trauergruppe und nahm sich auch eine dreiwöchige Auszeit auf Lanzarote. Diese nutzte sie auch für eine innere Reise, die sie in "mutterseelenallein" beschreibt.

Dabei musste sie erst lernen, sich Zeit fürs Trauern zu nehmen und nicht einfach zu funktionieren. Das mit der Trauer verhalte sich so wie ein Ball, den man unter Wasser drücken wolle, stellte sie fest. "Irgendwann flutscht der Ball einfach in die Luft, und die ganze Traurigkeit bahnt sich ihren Weg". Wer vor ihr weglaufe, dem folge sie. "Die Trauer ist kein böses Monster, das uns quälen möchte. Sie ist Liebe, die gesehen werden will", spürt Buchholz.

Auf der Kanareninsel stellt sie sich ihrer Trauer. Ihr wird klar, "dass ich meine Mutter richtig verabschieden muss, bevor ich weiß, wer ich eigentlich bin". Zum Erwachsenwerden gehöre es, die Mutter – auch wenn diese noch lebt – als Teil eines natürlichen Ablösungsprozesses loszulassen, ein eigenständiges Leben zu führen und ihr als gleichwertiger Erwachsener zu begegnen. Zugleich sei es auch an der Mutter, die "verflucht robuste Nabelschnur" zu durchtrennen, schreibt Buchholz. Aus ihrer Erfahrung kann eine schonungslose Bilanz der Beziehung helfen. Verstorbene sollten nicht glorifiziert werden, denn in der Beziehung gebe es auch verletzende Sätze, Abhängigkeit, Lieblosigkeit. Eine ehrliche Bilanz nehme dem Verlust seine Größe und schaffe Platz für andere Menschen im Leben.

Buchholz kommt zu dem Schluss, dass der Tod zwar das Leben eines geliebten Menschen beendet, nicht aber die Liebe zu ihm. Sie spürt: Die innere Beziehung und Verbindung bleiben weiterhin bestehen. So hat sich auch bei ihr der Schmerz in Erinnerungen voller Dankbarkeit verwandelt.

(kna)

Buchholz, Britta: mutterseelenallein. Eine Tochter findet ihren Weg, Diederichs, 236 S., ISBN 978-3-424-35120-0; 18,00 Euro

Autor:

Online-Redaktion

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