Tipp für Paare
Wenn es in der Liebe kriselt
Beziehung: Wann sollten Paare zur Beratung gehen? Und wie können Krisen
vermieden werden? Darüber geben die Paarberaterinnen Isabelle Kienert und Bettina Kruse-Palmen Auskunft.
Frau Kruse-Palmen, wann lohnt es sich, eine Paarberatung aufzusuchen?
Kruse-Palmen: Dafür gibt es keinen festen Zeitpunkt. Das ist von Paar zu Paar unterschiedlich. Wenn immer wieder Gespräche eskalieren oder in einer Sackgasse enden, kann es Zeit sein, eine Paarberatung aufzusuchen. Es gibt auch Paare, die prophylaktisch kommen, um möglichen Konflikten frühzeitig entgegenzusteuern.
Frau Kienert, mit welchen Problemen kommen die Menschen zu Ihnen?
Kienert: Das Stichwort »Kommunikationsprobleme« ist ein beliebter Anmeldegrund. Das ist sehr allgemein und bedeutet erstmal, dass irgendetwas in der Beziehung nicht mehr stimmt. Der Wunsch nach Veränderung steht im Raum. Das passiert häufig in Schwellensituationen, zum Beispiel nach der Geburt von Kindern, wenn aus einem Paar eine Familie wird, unterschiedliche Erziehungsvorstellungen, neue Rollenverteilungen oder einfach zu wenig Schlaf eine Rolle spielen.
Extreme berufliche Belastung bei einem Partner, körperliche oder psychische Krankheiten oder ein Todesfall in der Familie, das sind alles Anlässe, die eine Beziehung ins Wanken bringen können. Häufig geht es auch um Schwierigkeiten im Bereich der Sexualität oder auch um das Thema Fremdgehen. Unterschiedliche kulturelle Hintergründe können auch ein Anlass für Konflikte sein.
Können Sie auch Paare, die kurz vor einer Trennung stehen, begleiten?
Kienert: Auch Paare mit Trennungswunsch kommen in die Beratung, weil sie wissen wollen, wie man sich »richtig« trennt, wenn zum Beispiel Kinder im Spiel sind und die Rolle als Eltern weiter besteht.
Kruse-Palmen: Häufig kommen auch Paare, die bereits getrennt sind, aber noch einmal reflektieren möchten: Was ist eigentlich passiert? Wichtig für die Beratung ist, dass beide Partner motiviert sind und den Wunsch nach Veränderung und Verstehen haben.
Auf welche Erkenntnisse stoßen viele Paare im Laufe der Beratung?
Kienert: Wir arbeiten mit einem tiefenpsychologischen Beratungsansatz. Ziel ist es, Verhaltensmuster zu verstehen, die unbewusst sind. Manchmal sind es schon kleine Erkenntnisse, die einen Knoten lösen können, wie etwa: Warum habe ich mir diesen Partner ausgesucht, den ich jetzt so schrecklich finde? Oft ist es ja so, dass sich Menschen Partner mit Wesenszügen suchen, die aus familiären Beziehungen sehr bekannt sind. Erst üben sie eine gewisse Attraktivität aus, später kommen dann die Schwierigkeiten.
Zum Beispiel?
Kienert: Eine Frau hatte als erstgeborenes Kind in der Familie die Rolle, sich immer um die nachfolgenden Geschwister zu kümmern. Sie findet dann einen Partner, der viel Fürsorge benötigt, wo also das gleiche Muster greift. Das funktioniert zuerst wunderbar. Und dann wird ein Kind geboren. Auf einmal muss sie sich nicht nur um den Partner, sondern auch um das Kind kümmern und fühlt sich allein gelassen. Diese neue Situation kann die gesamte Beziehung infrage stellen.
In der Beratung geht es darum, sich bewusst zu machen, warum man diesen Partner und nicht einen anderen gewählt hat und wie man mit dieser Erkenntnis umgeht.
Gibt es auch gute Gründe für eine Trennung?
Kruse-Palmen: Es ist nicht unser Verständnis, dass alle Paarbeziehungen funktionieren müssen. Mitunter gibt es gute Gründe, eine Beziehung zu beenden. Wenn die Partner zum Beispiel nicht mehr respektvoll miteinander umgehen, sich gegenseitig wehtun, der Leidensdruck zu hoch ist, die Liebe schlicht erloschen ist oder die Bereitschaft fehlt, sich mit dem anderen auseinanderzusetzen. Und natürlich bei Gewalt, Missbrauch oder Sucht. Wenn Kinder im Haus sind, spielt die Vorbildfunktion eine große Rolle. Es kann wichtig sein, ihnen vorzuleben, dass man sich aus unerträglichen Situationen befreien kann und auch darf.
Kommen auch Singles zu Ihnen?
Kruse-Palmen: Ja, da wir auch Einzelberatung anbieten, ist Partnersuche ebenfalls ein Thema, aber wir unterstützen auch bei der Lebensgestaltung ohne Partner.
Kienert: In einer Einzelberatung können wir beispielsweise der Frage auf den Grund gehen, warum jemand immer wieder Beziehungen eingeht, die nach kurzer Zeit enden. Erst wenn man davon etwas verstanden hat, kann man daran arbeiten, »beziehungsfähiger« zu werden.
Was unterscheidet eine christliche Beratung von anderen Beratungen?
Kruse-Palmen: Von der Methodik her gibt es keine Unterschiede. Die Menschen, die uns aufsuchen, gehen davon aus, dass sie auf jemanden treffen, der ein christliches Weltbild hat und aus diesem Bewusstsein heraus auch grundsätzlich offen ist für alle Religionen und Glaubensgemeinschaften.
Was hält die Liebe jung?
Kruse-Palmen: Sich bewusst Zeit füreinander nehmen, halte ich für sehr wichtig. Der Tag hat für alle nur 24 Stunden. Gerade in Zeiten von hoher beruflicher oder familiärer Belastung bleibt dem Paar schlichtweg wenig Zeit zu zweit. Dies wird irgendwann zum Problem. Weiß ich eigentlich, wie es meinem Partner momentan geht, was ihn beschäftigt? Es muss nicht immer ein großer Ausflug oder eine gemeinsame Reise sein. Oft reicht auch schon ein kleines Ritual, zum Beispiel sich einmal in der Woche bewusst zum gemeinsamen Kaffeetrinken zu verabreden, sich zu unterhalten, ohne ins Handy zu schauen.
Wichtig sind aber auch Aktivitäten, ohne dabei Probleme zu besprechen, sondern einfach mal wieder gemeinsam Spaß zu haben. Also vielleicht mal wieder gemeinsam tanzen zu gehen oder Fahrrad zu fahren. Gleichzeitig ist es aber auch notwendig, sich gegenseitig Freiräume zu schaffen, damit jeder seinen eigenen Hobbys nachgehen kann.
Das Gespräch führte Andrea Gorys (epd)
Psychologin Isabelle Kienert und Sozialpädagogin Bettina Kruse-Palmen arbeiten an der Beratungsambulanz des Evangelischen Zentralinstituts für Familienberatung Berlin.
Autor:Online-Redaktion |
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