Einer der wichtigsten Jobs derzeit
Wie eine DRK-Helferin die Impfkampagne erlebt
Überall in Deutschland werden Menschen in Pflegeheimen geimpft. Das möglich zu machen, ist ein enormer Aufwand. Safia Judith Ghars arbeitet daran mit - in der Leitstelle des Hamburger Roten Kreuzes: «Ich habe das Gefühl, etwas Wichtiges zu tun.»
Von Sebastian Stoll
Manchmal kann sie hören, wie jemand am Telefon erleichtert aufatmet. Die Menschen haben lange auf ihren Anruf gewartet, jetzt ist es endlich soweit. «In vielen Heimen sind Menschen gestorben. Die Mitarbeiter stehen unter extremem Druck. Viele sind wirklich erleichtert, wenn wir anrufen», sagt Safia Judith Ghars. Sie verkündet in Hamburg so etwas wie den Hauptgewinn. Kein Sechser im Lotto, sondern die Aussicht auf sicheren Schutz vor dem Coronavirus: Impftermine für Alten- und Pflegeheime.
26 Jahre ist Safia Judith Ghars alt. Der Job, den sie mit vier weiteren Kollegen macht, ist vielleicht nicht besonders spektakulär - aber zugleich für viele derzeit einer der wichtigsten. Noch sind es nicht viele Menschen, die in Deutschland geimpft werden können. Deswegen sind die Heimbewohner als die am meisten verletzliche aller Gruppen ganz oben auf der Prioritätenliste, gemeinsam mit dem Pflegepersonal.
In Hamburg will man bis Anfang März jedem dieser Menschen, der dies wünscht, seine zwei Impfdosen verabreicht haben, das DRK Hamburg-Harburg übernimmt das für die Stadt. Damit das klappt, braucht es viele Menschen, die im Hintergrund daran arbeiten. Solche wie Ghars, die in der Leitstelle des Roten Kreuzes die Einsätze koordiniert. Sie bringt Teams und Heime zusammen. An manchen Tagen führt sie dafür 50 Telefonate und beantwortet Dutzende E-Mails.
Bei rund 150 Heimen in Hamburg ist mittlerweile zu jedem zumindest mal Kontakt aufgenommen worden. Doch das ist nur der Anfang: Es muss geklärt werden, wie viele Menschen geimpft werden wollen, wie viele Impfteams dafür in das jeweilige Heim geschickt werden, welche Dokumente beim Termin vorhanden sein müssen, wie der Raum beschaffen sein soll, im dem die Teams arbeiten. «Mindestens 30 Quadratmeter sollten es nach Möglichkeit schon sein - und natürlich gut belüftet.»
Ständig gibt es neue Fragen: Ein Dokument ist nicht auffindbar, kann trotzdem geimpft werden? Eine Mitarbeiterin kann am Termin der Zweitimpfung nicht, was soll sie tun? Und immer, immer wieder rufen Angehörige an: Wann ist mein Vater, meine Mutter endlich dran? Ist der Impfstoff auch wirklich sicher? «Wenn die Fragen zu kompliziert sind, halte ich Rücksprache mit den Fachleuten. Oder ich versuche, einen geeigneten Ansprechpartner zu nennen», sagt Ghars.
Seit dem Jahreswechsel wird geimpft, das bedeutet auch: Erst seit dem Jahreswechsel gibt es Erfahrung damit, wie mobiles Impfen in der Pandemie funktioniert. DRK-Projektleiter Fabian Gnas hebt hervor, dass viele ehemals Beschäftigte aus der Gastronomie eingestellt worden seien. «Diese Menschen haben oft große Probleme durch die Pandemie. Uns können sie eine große Hilfe sein, denn sie können auf Leute eingehen.»
Ghars' Lebenslauf ist ein bisschen anders, sie war mit zuständig für den Kundenkontakt bei einem Technikhersteller, führte damals schon viele Telefonate, beantwortete E-Mails. Vor einem knappen Jahr verlor sie ihren Job - nicht wegen, aber gleichzeitig mit der ersten Corona-Welle. Ihr Sohn ist zwei Jahre alt. Dass es für sie nicht so schlimm kam, wie es hätte kommen können, und dass sie wieder einen Job hat, liegt paradoxerweise an der Pandemie. «Ich habe das Gefühl, etwas Wichtiges zu machen, dass meine Arbeit eine Rolle spielt: Ich arbeite daran mit, dass so viele Menschen geimpft werden wie möglich», sagt sie.
In wenigen Wochen schon wird ihre wohl Arbeit erledigt sein: Wenn alles läuft, wie es soll, werden die Heimbewohner geimpft sein und der Einsatz mobiler Impfteams wird nicht mehr nötig sein.
(epd)
Autor:Online-Redaktion |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.