Folge 31 – 1984 und 1985
Der Frieden in Europa ist gefährdet
Die Themen der IV. Vollversammlung des Weltkirchenrats in Vancouver (Kanada) 1983 haben konkrete Nachwirkungen.
Von Dietlind Steinhöfel
Die Delegation der DDR-Mitgliedskirchen hat damals ein Friedenskonzil ins Gespräch gebracht. Diese Idee wird vom Philosophen Carl Friedrich von Weizsäcker auf dem Düsseldorfer Kirchentag 1985 aufgegriffen und wieder ins Gespräch gebracht.
Auf der Tagung des Zentralausschusses des Weltkirchenrates 1985 wird erneut die Möglichkeit eines Friedenskonzils der Kirchen in den Blick genommen. Der Vertreter der DDR-Kirchen schlägt vor, die geplante "Weltkonferenz für Gerechtigkeit, Frieden und die Ganzheit der Schöpfung" zu einem großen Friedenskongress zu machen, in dem sich alle christlichen Konfessionen beteiligen – daraus sollte später der "Konziliare Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung" entstehen.
Wie wichtig vor allem die Friedenssicherung ist, wird in Berichten und Kommentaren der Kirchenzeitung deutlich: In Stockholm tagt im Januar 1984 die "Konferenz über vertrauens- und sicherheitsbildende Maßnahmen und Abrüstung in Europa". Die Gemeinden werden aufgefordert, die Konferenz mit Gebeten zu begleiten. Hintergrund ist der Nato-Doppelbeschluss, der die "Stationierung neuer Waffensysteme in Europa" vorsah.
Die DDR-Kirchen machen immer wieder auf die Umweltproblematik aufmerksam. "Glaube und Heimat" berichtet unter anderem von einem Umweltgottesdienst im Braunkohlengebiet. Etwa 1000 Menschen sind in den Pfarrgarten nach Mölbis im Kirchenkreis Borna gekommen. Angesprochen werden die sinkende Qualität des Trinkwassers und häufige Atemwegserkrankungen bei Kindern.
Im September 1984 wird der brasilianische Franziskanerpater Leonardo Boff nach Rom zitiert. Vor der vatikanischen Glaubenskongregation soll er zur "Theologie der Befreiung", die nach Meinung des Vatikans "gefährlich für den Glauben der gesamten kirchlichen Gemeinschaft" sei, Stellung nehmen. Doch die Kirchen Südamerikas wollen ihre seit fast zwei Jahrzehnten vollzogene Zuwendung zu den Armen und Entrechteten nicht aufgeben.
Eine große Dürre in Afrika löst vor allem in Äthiopien eine große Hungersnot aus, worüber in den Jahren 1984/85 berichtet und zu Hilfen aufgerufen wird. Beim Landesjugendsonntag in Eisenach 1985 ist die Kollekte für Waisenkinder in Äthiopien bestimmt. Die 12 000 jungen Teilnehmer spenden 38 000 Ostmark.
Die DDR-Kirchen werden immer wieder mit Ausreisebegehren von Bürgern nach Westdeutschland konfrontiert. Auf der Thüringer Frühjahrssynode nimmt Landesbischof Werner Leich hierzu Stellung und legt dar, warum die Kirche zum Bleiben auffordere: Christen sollten in einer vom Marxismus geprägten Gesellschaftsordnung den Glauben bekennen und sich im Namen Jesu hilfebedürftigen Nächsten zuwenden.
Fundstücke
Ökumene: Erstmals predigt am dritten Advent 1983 mit Johannes Paul II. ein Papst – in der Funktion als "Bischof von Rom" – in einer evangelisch-lutherischen Kirche in Rom.
Homosexualität: Über die Suspendierung des schwulen Pfarrers Klaus Brinker der Landeskirche von Hannover schreibt die Kirchenzeitung in Nummer 43/1984. Der Anwalt Brinkers bezeichnet die Haltung der Kirche als "erbarmungslos" und "widersprüchlich", da sie sich sonst gegen eine Diskriminierung Homosexueller ausspreche. In der Folge äußert sich Landesbischof Werner Leich im Interview verhalten positiv, meint jedoch, man könne nicht sagen, dass eine homosexuelle Gemeinschaft von Gott zusammengefügt sei.
Frauenquote: 1985 begründet der Thüringer Ausbildungsdezernent, Oberkirchenrat Hans-Joachim Werneburg, in einem Interview, warum der Landeskirchenrat zurückhaltend reagiert, wenn sich Mädchen zum Theologiestudium bewerben. Hauptgrund: Der Pfarrerberuf solle kein ausgesprochener Frauenberuf werden.
Autor:Online-Redaktion |
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