Folge 26 – 1974 und 1975
Fußball-WM und 50 Jahre Kirchenzeitung
König Fußball regiert auch im Jahr 1974. In West-Deutschland wird die Weltmeisterschaft ausgetragen, an der erstmals eine DDR-Nationalmannschaft teilnimmt.
Dietlind Steinhöfel
Pfarrer Hans Lieberknecht nimmt den "Herrscher für 23 Tage" aufs Korn und schlägt eine Brücke zum Allerwichtigsten in unserem Leben. Denn, so Lieberknecht, "sein Reich ist nicht Heiligkeit". Neben dem Artikel ist ein Foto mit Jürgen Sparwasser veröffentlicht. Der gebürtige Halberstädter schoss das Siegtor der DDR-Auswahl im einzigen Spiel gegen die Nationalmannschaft der BRD.
Im April erinnert Chefredakteur Herbert von Hintzenstern an die Gründung der Kirchenzeitung vor 50 Jahren, die anfangs monatlich erschien und seit 1929 wöchentlich, "bis sie 1941 einer Einsparungsverordung der Reichspressekammer zum Opfer fiel". Nach dem Krieg sorgte Landesbischof Mitzenheim dafür, dass das Blatt ab Ostern 1946 wieder herausgegeben werden konnte.
Mehrere Themen werden in der Kirchenzeitung diskutiert: 1974 geht es um eine Neuübertragung des neuen Testaments in moderne Sprache. "Die gute Nachricht" stößt auf viel Zustimmung, aber auch auf kritische Stimmen. Die positiven Kritiken jedoch überwiegen. Konträrer wird über moderne Musik in der Kirche gestritten, nachdem ein Artikel des Zella-Mehliser Pfarrers Jürgen Hauskeller erscheint. Der beklagt unter anderem, dass es noch keine übergeordnete Stelle gibt, die sich für die Arbeit mit Bands und Instrumentalgruppen zuständig fühlt. "Die Kirchenmusiker in den Gemeinden haben bisher noch kein Verhältnis zu dieser musikalischen Arbeit gefunden", schreibt Hauskeller. Im September 1974 werden die ersten Werkstatt-Tage für neue Lieder in Zella-Mehlis organisiert, über die Christoph Martin Neumann begeistert in "Glaube und Heimat" schreibt.
International stehen die Rassenkonflikte, vor allem in Südafrika, damit verbunden das Antirassismusprogramm des Ökumenischen Rates, sowie die Auswirkungen des Militärputsches 1973 in Chile im Fokus. Auch die Kirchen sind jeweils betroffen. Die Kirchenzeitung berichtet in Nr. 41/1975 von einer Tagungsteilnahme des lutherischen Bischofs von Chile, Helmut Frenz, in der Schweiz. Zwei Nummern später wird berichtet, dass Frenz nicht wieder nach Chile einreisen darf. Beunruhigend ist auch die Situation in Namibia, wo zahlreiche Pastoren verhaftet werden. In Südafrika wird Pfarrern die Tätigkeit verboten.
Ein positives Signal setzen die Vereinten Nationen, die das Jahr 1975 zum "Jahr der Frau" erklären. Schon im Jahr zuvor war bei einer Frauenkonsultation des Ökumenischen Rates in Westberlin die Diskriminierung der Frau im Blick. Die ghanaische Richterin Annie Jiagge will das Thema erweitert sehen und fragt: "Ist Hunger keine Diskriminierung?" Zudem stellt sie fest, dass das Thema nicht nur Frauen angehe. "Die Männer werden lernen müssen, daß Frauenprobleme auch ihre Probleme sind."
Fundstücke
Gesucht: In Nr. 29/1975 kündigt die Kirchenzeitung ein neues Angebot an: Anzeigen zur "Kontaktaufnahme mit christlichen Partnern" können aufgegeben werden.
Gefahren: Die Zahl der Gottesdienstbesucher nimmt nicht nur in der DDR ab. Der lutherische Bischof von Stockholm, Ingmar Ström, schlägt vor, Kirchgänger mit Taxis in andere Gemeinden zu fahren, wenn ihre Zahl in einer Kirche nicht mehr als fünfzehn oder zwanzig beträgt.
Gewandert: In der Tschechoslowakei muss die Altstadt von Most (früher Brüx) dem Braunkohletagebau weichen. Die gotische Kirche Mariä Himmelfahrt, ein kunsthistorisch wertvoller Bau, soll umgesetzt werden. Nach jahrelanger Vorbereitung wurde Ende September 1975 die Kirche vom Fundament gelöst und auf vier Schienen über eine Distanz von 841,1 Metern zum neuen Fundament gefahren. Die Geschwindigkeit betrug etwa 1,2 bis 3,2 Zentimeter pro Minute.
Testen Sie Ihr Wissen zur Geschichte der G+H im Online-Quiz:
100jahre-quiz.de
Autor:Online-Redaktion |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.