Folge 18 – 1960 und 1961
Gräben, Grenzen und Gebet
In den Ausgaben von "Glaube und Heimat" der Jahre 1960 und 1961 spiegeln sich zahlreiche Konflikte wider, sowohl national als auch international. Vor allem beschäftigt das Land die zunehmenden Spannungen zwischen Ost und West.
Von Dietlind Steinhöfel
Anfang 1961 zeichnen sich Schwierigkeiten bei der Durchführung des gesamtdeutschen Kirchentages ab. Die DDR-Regierung will das für Juli desselben Jahres in beiden Teilen Berlins geplante Fest technisch und organisatorisch nicht unterstützen. Das wirkt sich auch unmittelbar auf die Planung des Kirchentags aus: Alle Veranstaltungen müssen nach West-Berlin verlegt werden. Schließlich wird es ostdeutschen Gemeindegliedern nicht gestattet, daran teilzunehmen. Der Thüringer Landesbischof Moriz Mitzenheim drückt sein tiefes Bedauern aus, dass "wir diesmal keine Gemeindeglieder zum Kirchentag entsenden können".
Nur wenige Wochen später wird die Mauer errichtet, deren Bau zwar nicht direkt erwähnt wird; auf der Thüringer Herbstsynode wird jedoch gefragt, welche Aufgaben die "schmerzliche Trennung" (Mitzenheim) für die Kirche bedeutet. Zudem sind die Berliner Dienststellen der Evangelischen Kirche in Deutschland, der Vereinigten Lutherischen Kirche und der Kirche der Union weitgehend handlungsunfähig, da die Gremien gesamtdeutsch besetzt sind.
Und der neugewählte Ratsvorsitzende, Präses Kurt Scharf, wohnt in Ost-Berlin. Die Hoffnung, dass er so ein besseres Klima zwischen DDR-Regierung und EKD schaffen können, zerschlägt sich bald – schon Ende August wird Scharf "ausgebürgert".
Dass sich die Kirche mit dem Status quo nicht abfinden will, drückt Mitzenheim in einem Brief aus, den er als Dankschreiben an die DDR-Regierung sendet, die ihm im August 1961 zum 70. Geburtstag gratuliert hat. Darin betont er noch einmal die Glaubensfreiheit und unterstreicht, dass vor allem christliche Jugendliche nicht benachteiligt werden dürfen. Er mahnt einen Friedensschluss an, damit "unser Volk nicht länger mehr durch Gräben und Grenzen getrennt bleibt".
International ist die Rassentrennung vor allem in Südafrika und Amerika ein Thema, das sich durch die Kirchenzeitung zieht. Immer wieder gibt es Protestnoten. "Christus kennt keine Apartheid", wird in einem Bericht von der ökumenischen Tagung in Johannisburg im Dezember 1960 zitiert, in der die Rassenfrage thematisiert wurde.
Auf der Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) im Jahr 1961 in Neu Delhi kommt es wegen eines Appells zum Austritt zweier Kirchen, die eine abweichende Haltung zu dieser Frage haben. Das Positive dieses Treffens: Neben der Russischen-Orthodoxen Kirche treten noch weitere orthodoxe Kirchen dem ÖRK bei, zudem 19 andere Kirchengemeinschaften.
Auch die Römisch-Katholische Kirche setzt positive Signale. Sie entschärft ihren Gebetstext zur katholischen Weltgebetswoche von 1961. So wird nicht mehr gebetet, dass "Lutheraner und Protestanten zur Heiligen Kirche zurückkehren", sondern es heißt nun: "für die Versöhnung der europäischen Protestanten mit dem Heiligen Stuhl" werde gebetet.
Fundstücke
Finnland: Ein Ausschuss der finnischen Kirchenversammlung hat vorgeschlagen, auch weibliche Theologen ins Pfarramt zu ordinieren. An den theologischen Fakultäten in Helsinki und Abo studieren 1961 insgesamt 277 Frauen. Im Jahr zuvor legten 300 Frauen ihr Examen ab.
Norwegen: In Norwegen wird Ingrid Bjerkas als erste lutherische Pastorin ordiniert und betreut zunächst vakante Ämter.
Autor:Online-Redaktion |
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