Folge 22 – 1966 und 1967
Morgen schon gestern ein Thema
Der Erneuerungswille der römischen Kirche zum II. Vatikanischen Konzil sei unverkennbar gewesen, äußern sich Beobachter der Versammlung. Man sei herzlich empfangen worden. Die Ergebnisse sind letztlich für die evangelischen Kirchen nicht befriedigend.
Von Dietlind Steinhöfel
Vor allem die Mischehenfrage sei ungelöst. Es gibt zwar Änderungen. So wird der katholische Partner bei einer Trauung durch einen evangelischen Geistlichen zwar nicht mehr exkommuniziert, aber die Ehe wird nicht anerkannt. Die Kinder gelten als unehelich. Zudem bleibt die Forderung bestehen, die Kinder im katholischen Glauben zu erziehen. Die evangelische Kirche, so der Thüringer Landesbischof Moritz Mitzenheim, erwarte die vorbehaltlose Anerkennung der evangelisch gesegneten Ehe. Begrüßt wird jedoch der Wille Pauls VI., an einer gemeinsamen Bibelübersetzung zu arbeiten.
Zwei große Jubiläen 1967 werfen schon im Vorjahr ihre Schatten voraus: 450 Jahre Thesenanschlag Luthers in Wittenberg sowie das 900. Jubiläum der Wartburg zu Eisenach. Beide Ereignisse sollen mit vielen Veranstaltungen gefeiert werden und nehmen breiten Raum in der Kirchenzeitung ein. Nicht nur die Feierlichkeiten werden angekündigt, sondern auch die Inhalte der Reformation thematisiert. Zum Beispiel wird in einer Serie "Unser Martin Luther" über das Leben des Reformators erzählt; auch die 95 Thesen werden erläutert. Ein großes Wartburgtreffen der Jugend am 28. Mai 1967, zu dem auch junge Christen aus anderen Landeskirchen anreisen, vereint rund 8000 Jugendliche.
Der Blick in die Welt ist unter anderem auf den Vietnamkrieg gerichtet. Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) fordert mehrfach das Ende der Bombenangriffe der USA auf Nordvietnam. "Wir sind an einem Frieden nicht nur für uns Christen, sondern für die ganze Menschheit interessiert", äußert sich der ÖRK im Februar 1966. "Brot für die Welt" sammelt für Vietnam. Martin Niemöller reist im Dezember 1966 nach Hanoi. Und der Generalsekretär des ÖRK, Eugene Carson Blake, übt scharfe Kritik an der USA-Regierung bei einem Besuch in Washington.
Die letzte Sitzung der 3. Thüringer Synode im April 1966 – im Herbst wird die neue zusammentreten – befasst sich mit Änderungen der Kirchenstrukturen, da diese noch aus der Zeit des Staatskirchentums stammen. Was muss in unserer Kirche anders werden? Es geht unter anderem um den Kontakt zwischen Pfarrer und Gemeinde oder um die Möglichkeit, moderne Bibelübersetzungen im Gottesdient zu verwenden. Die Arbeit ist so umfangreich, dass beschlossen wird, die Beratungen im Mai fortzusetzen.
Die Synode in Halle befasst sich im März 1966 mit ähnlichen Fragen. Ihr Thema: "Die Zukunft der Gemeinde und die Gemeinde der Zukunft". Die Kirchenzeitung bindet ihre Leser in solche Überlegungen ein und eröffnet unter anderem eine Diskussion zum Glaubensbekenntnis.
Fundstücke
Kirchenbau: Im Jahr 1966 stellte die DDR-Regierung 1,2 Millionen Mark Staatshilfen für den Erhalt und Wiederaufbau von Kirchen und kirchlichen Bauwerken zur Verfügung.
Kritik: Martin Luther King, führender Pfarrer der Bürgerrechtsbewegung, klagt die Kirchen in den USA wegen Rassenfeindlichkeit an und wirft ihnen Untreue gegenüber dem ihnen von Gott übertragenen Auftrag vor. Sie hätten sich oft damit begnügt, "fromme Belanglosigkeiten und Trivialitäten" von sich zu geben.
Kinder, Küche, Kanzel: Am ersten Advent 1966 werden erstmals Frauen ins Amt der Pastorin gesegnet. Neun Theologinnen werden in der Eisenacher Georgenkirche vom Landesbischof und den Oberkirchenräten Braecklein und Köhler berufen. Es wird jedoch wieder betont, dass sie nicht automatisch die gleichen Aufgaben wie Männer erfüllen könnten.
Autor:Online-Redaktion |
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