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Folge 1 – 1924 und 1925
Neue Zeitschrift, alte Sorgen

Was hat unsere Kirche vor 100 Jahren beschäftigt? Zahlreiche Zeugnisse finden sich in den Ausgaben von „Glaube und Heimat“, die zum 15. April 1924 zum ersten Mal erschien. In einer neuen Serie sollen jede Woche in diesem Jahr Ereignisse, Entwicklungen und Protagonisten beleuchtet werden.

Dietlind Steinhöfel

Zunächst schrieb der Landesoberpfarrer Wilhelm Reichardt (1871–1941) – einen „Landesbischof“ gab es damals noch nicht – in seinem Artikel „Zum Geleit“ über den Sinn einer solchen Zeitschrift. Es war eine Übergangszeit mit vielen Fragezeichen und Herausforderungen. Aus den vielen kleinen Fürstentümern war ein Land geworden: Thüringen. Und die Kirche zog nach, versuchte, die kleinen Landeskirchen zu vereinen, was nach und nach gelang.

Mit „Glaube und Heimat“ sollte dieser Prozess unterstützt, die christliche und bürgerliche Gemeinschaft gestärkt und „die Beziehung zwischen Volk und Kirche enger geknüpft und herzlicher gestaltet“ werden. Die Stärkung der christlichen Familie und des evangelischen Glaubens spielen immer wieder eine Rolle sowie die Abwehr von Bestrebungen der katholischen Kirche um „Bekehrung der Irrenden“, wie es in dem zentralen Gebet des 1920 gegründeten katholischen „Winfriedbundes“ heißt. Zur „Stockholmer Weltkirchenkonferenz“ 1925, worüber die Zeitung natürlich berichtet, schlagen die Katholiken die Einladung übrigens aus.

Beklagt wird zudem die „Kirchenlosigkeit“. So heißt es: „Die heutigen Menschen können nicht mehr beten, verstehen die Bibel nicht mehr und halten sich von der Kirche fern.“ Ganz gegenwärtig mutet ein Aufruf an junge Menschen an, den Pfarrberuf zu wählen: „Wir brauchen Pfarrer“, titelt Kirchenrat Senftleben aus Eisenach seinen Artikel. Auch die stärkere Einbeziehung der Kirchenvorstände, also der Laien, spielte eine Rolle. Der Pfarrer solle möglichst freigehalten werden von den administrativen Aufgaben, vor allem den Finanzen, damit er sich auf seinen „Hauptdienst“, die Seelsorge, konzentrieren könne. Das Leben solle innerhalb der Gemeinde mehr von den Gemeindegliedern getragen und „viel wärmer und inniger gestaltet“ werden.

Ein zweites großes Thema ist die große Armut, denn zwischen Löhnen und Preisen bestehe ein „schreiendes Missverhältnis“. So tritt „Glaube und Heimat“ vehement für den „Arbeiterstand“ ein. In vielen Ausgaben wird über die Reparationen geklagt, die der Versailler Vertrag von 1919 Deutschland auferlegte. Vor allem Frankreich steht in der Kritik, das die Ruhrkohle für sich reklamiert. „Auf die Vernichtung Deutschlands bleibt Frankreich eingestellt“, meint ein Kommentator nach den französischen Wahlen 1924, bei denen die Linken eine Mehrheit erlangten. Hoffnung für eine Besserung sieht er nicht. Der „alte Feind“ wird auch im Kirchenblatt nicht zum Freund.

Fundstücke
Sprache: Dr. Otto Büsing aus Eisenach beklagt, dass die deutsche Muttersprache „übermäßig von fremden Ausdrücken durchsetzt“ sei. „Deutscher, sprich deutsch!“, schreibt er.
Werbung: In der ersten Ausgabe von 1925 werden die Leser aufgerufen, für ihre Kirchenzeitung zu werben, damit sie in jedem evangelischen Haushalt Eingang finde. Allerdings ist dieser Aufruf mit einer Erhöhung des Preises um 5 Pfennige auf 25 Pfennige verbunden.
Jubiläen: In den 1920er-Jahren feiern viele Thüringer Gemeinden ihr 400. Reformationsjubiläum; so bekam Weimar im Jahr 1524 mit Johannes Grau seinen ersten evangelischen Pfarrer.

Autor:

Online-Redaktion

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