Folge 24 – 1970 und 1971
Neuer Stil, neue Paare, neuer Landesbischof
Ein Wandel in der Wahrnehmung der reformierten Konfessionen wird in den folgenden Jahren wichtige Veränderungen mit sich bringen.
Von Dietlind Steinhöfel
Denn lutherische, reformierte und unierte Kirchen wollen enger als bisher zusammenarbeiten. "Auf dem Weg zur Kirchengemeinschaft" titelt "Glaube und Heimat" im Dezember 1970 und berichtet von Gesprächen der Vertreter dieser Kirchen Europas 1969 und 1970 in Leuenberg (Schweiz). Die Kirchenzeitung informiert in mehreren Ausgaben 1970 und 1971 ihre Leser ausführlich über die Entwicklung. Bis zur endgültigen Einigung aber wird es noch bis 1973 dauern.
Die evangelischen Kirchen in der DDR kündigen Anfang 1970 Kirchentage in vier Städten an: in Greifswald, Erfurt, Havelberg und Cottbus. Den Kirchentag in Erfurt im Juni verantworten die Propsteien Erfurt und Südharz der Kirchenprovinz Sachsen gemeinsam mit der lutherischen Kirche Thüringens. "Wie Gott mir, so ich dir", heißt das Motto, angelehnt an die Jahreslosung 1970 aus Hosea: "Halte fest an Barmherzigkeit und Recht und hoffe stets auf deinen Gott." Erstmals sei dem Kirchentag "neuen Stils" eine Art Kongress vorgeschaltet, zu dem in Erfurt 1100 Delegierte zu verschiedenen Themen arbeiten. Rund 15 000 Christen kommen zur Abschlussveranstaltung am 7. Juni 1970 auf dem Domplatz zusammen.
Eine heftige Diskussion löst eine Erzählung von Anne Carius aus, einer jungen Pfarrersfrau, die über ihre Erfahrungen zwischen Anspruch der Dorfgemeinde an die Frau des Pfarrers und den eigenen Möglichkeiten und Interessen schreibt. Wenn ein junges Mädchen einen Pfarrer heiratet, müsse sie doch wissen, was auf sie zukommt, ist die eine Meinung. Ein Pfarrerehepaar entgegnet: Wie soll ein junges Mädchen das wissen, wenn nicht mal der junge Theologe selbst weiß, was auf ihn zukommt?
Beiträge und Lesermeinungen zur Modernisierung der Kirche ziehen sich durch die Jahre – ob Kirchenmusik oder Liturgie. Mit einer Artikelserie (ab Nr. 24/1970) "Erneuerung des Gottesdienstes" greift der promovierte Theologe Hermann Lins dieses Thema auf. Die Thüringer Kirchliche Konferenz lädt im Oktober 1971 zu ihrer Tagung den Theologen Vilmos Vajta vom Lutherischen Weltbund ein, der zwei extreme Thesen aufstellt: Es geht um die radikale Änderung des Gottesdienstes einerseits und die Unmöglichkeit, den traditionellen Gottesdienst zu erneuern, andererseits.
In der Thüringer Landeskirche stehen indes Veränderungen an: Im Dezember 1969 hat Moritz Mitzenheim angekündigt, im Sommer 1970 in den Ruhestand gehen zu wollen. Im April 1970 wird Oberkirchenrat Ingo Braecklein von der Landessynode zum neuen Landesbischof gewählt. Zudem wird Ende 1971 eine Gebietsreform angekündigt. Die Enklave der Kurhessischen Kirche, das Dekanat Schmalkalden, soll zukünftig zur Thüringer Kirche gehören. Ebenso soll der Kirchenkreis Ziegenrück im Südosten Thüringens, bis dato zur Kirchenprovinz Sachsen gehörig, eingegliedert werden.
Fundstücke
Ost-West: Die Erfurter Gespräche zwischen den Regierungschefs der DDR und der BRD, Willi Stoph und Willy Brandt, im März 1970 werden von kirchlicher Seite "sehr begrüßt".
Abgelehnt: Die Landessynode in Bayern lehnt auf ihrer Frühjahrssynode 1970 in Coburg die Ordination von Frauen ab. Predigtdienst und Sakramentsverwaltung dürfen sie nur mit Zustimmung des zuständigen Pfarrers ausführen. Taufen, Trauungen und Beerdigungen sind ihnen nicht erlaubt.
Mischehe: Kleine Veränderungen kommen in dieser Frage aus Rom. Erstmals wird deutlich zwischen Ehen von Katholiken und anderen Christen sowie Katholiken und Nichtchristen unterschieden. Wurden die Ehen ohne Erlaubnis der katholischen Behörde geschlossen, waren sie bisher "ungültig". Nunmehr ist die Sprachregelung "unerlaubt". Allerdings soll der katholische Partner weiterhin alles tun, um seine Kinder römisch-katholisch zu erziehen.
Autor:Online-Redaktion |
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