Folge 14 – 1952 und 1953
Repressalien gegen junge Christen
Die Hoffnung auf die Wiedervereinigung Deutschlands bleibt wach. Die Auswirkungen der "Zonengrenze" bezeichnet der hessische Kirchenpräsident Martin Niemöller als verhängnisvoll.
Von Dietlind Steinhöfel
Die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sorgt sich um die "Lebensgefährdung der Bevölkerung" an der Ost-West-Grenze. In einem Schreiben werden die Besatzungsmächte dringend gebeten, einen Weg zur Wiedervereinigung freizugeben. Die EKD bietet als neutrale Institution ihre Hilfe bei möglichen gesamtdeutschen Wahlen an.
Doch die Spannungen im Osten Deutschlands zwischen Staat und Kirche wachsen. DDR-Ministerpräsident Otto Grotewohl schlägt dem Vorsitzenden des Rates der EKD, Otto Dibelius, eine "Neugestaltung" der Ausbildung für künftige Geistliche vor. Die Theologischen Fakultäten sollen aus den Universitäten herausgelöst und theologische Akademien eingerichtet werden.
Repressalien gegen junge Christen werden in der Zeitung nicht direkt thematisiert. Es wird jedoch das Wort der Ostkirchenkonferenz an die Junge Gemeinde veröffentlicht, in dem von "mancherlei Nöten, die der Jungen Gemeinde (JG) gerade in der letzten Zeit begegnet sind" die Rede ist. Es wird betont, dass die JG keine "Son-derorganisation" ist, sondern ein Teil der christlichen Gemeinde.
Die Junge Welt, das Organ der Freien Deutschen Jugend (FDJ), verbreitet indessen falsche Nachrichten und behauptet: "In Frankenhain im Kreise Arnstadt 'warnt' der Bischof von Eisenach die Jugend mit den übelsten Beschimpfungen vor der FDJ." In der Kirchenzeitung wird eine Klarstellung veröffentlicht, da der Landesbischof – kein anderer könne gemeint sein – nie in Frankenhain gewesen sei (Nr. 4/1953).
Einige Monate später – im März 1953 war Stalin gestorben – tritt Tauwetter ein. "Glaube und Heimat" berichtet von einem Treffen der Ost-Bischöfe mit der DDR-Regierung am 10. Juni und informiert – ausführlicher als die Tageszeitungen – über die neue Lage. Die Regierung will "keine weiteren Maßnahmen gegen die Junge Gemeinde und sonstige kirchlichen Einrichtungen" einleiten. Zudem sollen Schüler, die wegen der Tätigkeit in der JG von der Oberschule entlassen wurden, sofort wieder zum Unterricht zugelassen werden und die Möglichkeit bekommen, versäumte Prüfungen nachzuholen. Gleiches gilt für Studenten, die zur ESG gehörten, und Lehrer, "die in diesem Zusammenhang entlassen wurden. Allerdings ist bei Studenten und Lehrern von einer vorherigen "Überprüfung" die Rede.
Weiterhin wird betont, dass die Christenlehre in Schulen gegeben werden kann. "Keine untergeordnete Stelle ist befugt, dies Recht der Kirche zu beschränken." Ebenfalls sollen beschlagnahmte Einrichtungen und Anstalten der Inneren Mission zurückgegeben und die Verordnung über eine Anmeldepflicht kirchlicher Veranstaltungen geändert werden.
Fundstücke
Ehescheidung: Die Generalsynode der VELKD unterstreicht die Unauflöslichkeit der Ehe als eine "von Gott geschaffene" Ordnung. Geschiedenen sei in der Regel eine kirchliche Trauung zu versagen. Dies sei jedoch keine starr zu handhabende Gesetzesvorschrift.
Glaube und Heimat: Die Auflage der Kirchenzeitung wird 1953 wesentlich gekürzt, sodass ein Teil der Leserschaft nicht mehr beliefert werden kann. Die Redaktion bittet, jedes gelesene Blatt weiterzugeben.
Güstrow: Barlachs Ehrenmal, der "Schwebende Engel", ist wieder in den Güstrower Dom zurückgekehrt. Die Nazis hatten es 1937 als "entartete Kunst" entfernt und 1943 vernichtet. Noch zu Lebzeiten Barlachs war eine Kopie gefertigt worden, die nach Köln gegangen war. In Güstrow ist nun der dritte Abguss zu sehen.
Sexualaufklärung: Eine schwangere 16-Jährige klagt ihre Eltern wegen mangelnder Aufklärung an. In der Kirchenzeitung wird gefordert, die "Geschlechtlichkeit ins rechte Licht" zu rücken. Es wurde ein "Arbeitskreis für Sexualseelsorge" in der Thüringer Kirche gegründet und unter anderem Ärzte und Seelsorger wurden zur Mitarbeit aufgefordert.
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Autor:Online-Redaktion |
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